Albanien und die Albanesen : Landschafts- und Charakterbilder : mit vielen Abbildungen

213

Auffaſſung, die vielleiht manchem Leſer parodox und ſeltſam vorkommen mag, auf keinen Geringeren als den berühmien Theologen und Forſcher Profeſſor Doktor Alois Muſil ſtüßen kann, den Entde>er des Wüſten\>loſſes Kuſeir Amra.

In ſeinem großen, von der ftaiſerlihen Akademie der Wiſſenſchaſien herausgegebenen Werke „Arabia Peiraea“ (Wien, 1907 und 1908) erzählt Dr. Muſil von der Blutrache“

„Die Inſtitution der Blutrache gehört in den : Gebieten, die einer feſten Skaatsmachi entbehren, zu | den größten Wohltaten. Denn wenn man | keinen Rächer hinter ſic, hätte, wäre man einzig auf Gott / und ſi< ſelóſt angewieſen und darum in ſtändiger Ge-: fahr, das Leben gewaltſam zu verlieren. Hat man aber’ einen Rächer, ſo kann man des Lebens ſicher ſein und“ ih au< in der Wüſte ſo ſicher fühlen wie in der be-* lebteſten Siraße einer europäiſchen Großſtadt. Jeder ver goſſene Blutstropfen muß dur<h das Blut des Mörders | geſühnt werden, oder, wie das Sprichwort ſagt: „Knokhen für Knochen, Blut für Blut... Mann dur< Mann, Seele dur<h Seele . … .“ Sobald die Freveltat geſühnt und ? der Schuldige oder ſein nächſter Verwandter beſtraft iſt, | iſt der Gerechtigkeib Genüge geſchehen; die Rache hört von ſelbſt auf und beide Familien können wieder die beſten Freunde werden“ (ITk, 359).

Man könnte ſagen: Bei Mord laſſe ſi<h das Gebot der Blutrahe am Ende noch begreifen, aber bei Tot\<lag erſcheint ſie als Grauſamfeit. Hören wir auh hier Muſil. Er fährt fort:

„Ïn den meiſten Fällen wird nur der beabſichtigte, aus Haß oder Neid begangene Mord mit Blut gerächt. Handelt es ſi< nur um Totſchlag, ſo wird dem Shuldigen faſt immer die Möglichkeit geboten, Über die Grenzen des StammeS8gebietes