Auf gefährlichen Pfladen = Erinnerungen eines verbannten französischen Priesters auf seinen Reisen durch die Schweiz in den Jahren 1794-1798
ENE 6. In Konſtanz
befanden ſih bei der Ankunft unſeres Abbé 150 ausgewieſene franzöſiſhe Prieſter und ihre Zahl wuchs noch beſtändig. Die meiſten hatten dieſen Ort zum Aufenthalt gewählt wegen der Wohlfeilheit der Lebensmittel, der wohlthätigen Geſinnung der Bewohner und der Gelegenheit zur Arbeit, wodur< man ſein Brot verdienen konnte.
Konſtanz iſ durh ſeine Lage ein Mittelpunkt des Verkehrs zwiſchen Italien, Deutſchland, der Schweiz und Frankreih. Die Märkte dauern 8 bis 14 Tage. Die Schweizer verſehen ſi< da mit Kohl (Kabis), den man in großen Schiffen aus Schwaben bringt. Während der Herbſtmärkte iſt der Plag vor dem „Adler“ mit wahren Bergen von Kohl bede>t, vom beſten und größten, den es gibt. Man bereitet daraus hauptſächli<h Sauerfraut. Auch treffliches Getreide wird aus Schwaben hieher geliefert und das Bä>ergewerbe ſteht auf der Höhe der Kunſt. Nirgends in der Welt ißt man beſſeres Brot. Die Schweiz liefert ſchr gutes Schlachtvieh. Das Schaffleiſh kommt aus Deutſchland und iſ niht ganz beſonders zart. Wildpret iſ häufig; oft ſicht man Hirſche und Rehe vor den Megtgerläden. Auch an Geflügel iſt Ueberfluß, beſonders Enten und Gänſen. See und Flüſſe liefern trefflihe Fiſche. Nur die Eier ſind teuer, doh nicht ſo ſehr wie in der Schweiz. Der Landwein iſ \{<le<t und unangenehm zu trinken. Die Reichen trinken daher lieber Rhein-