Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
200 Aus der höheren ruſſi ſchen Geſellſchaft.
bricht Mauern oder mauert Thüren zu — man ſtürzt mit einem Worte fortwährend das unterſte zu oberſt, und zwar mit jener fabelhaften Geſchwindigkeit, welche der Ungeduld des Ruſſen entſpricht.
Dabei iſt es denn kein Wunder, daß die Räume, welche niht Prunkgemächer ſind, beſonders die Schlafzimmer, meiſt etwas Proviſoriſches behalten. Auch die reichſten und vornehmſten Leute ſ{<lafen häufig auf einem leiht zu transportirenden Feldbett oder auf einer Ottomane, die nux Abends in ein Bett verwandelt wird, und die beweg= liche ſpaniſche Wand gehört zu den unentbehrlihſten Möbeln jeder ruſſiſ<hen Einrichtung. Noch ſchlimmer ſteht es mit den S(lafräumen der Dienerſchaft, die oft gänzlich mangeln. Man überläßt es den Leuten, fih im Winkel eines wenig begangenen Korridors, oder wo ſie fonſt niht im Wege ſind, unterzubringen. Ein Vorhang oder die ſchon er-= wähnte ſpaniſche Wand verde>en die Lagerſtatt, welche meiſt nur aus einer auf dem Fußboden liegenden Matraße be= ſteht — zu Häupten derſelben hängen fie ihren Heiligen, ein roh gemaltes, aber mit Gold= oder Silberble< be= ſhlagenes Bildchen auf, und finden fi behaglih einge= richtet.
Die Zahl dex Diener iſt in vornehmen Häuſern ſehr groß, und die der männlichen überwiegt bei Weitem die der weiblichen, denn fogar das Stubenreinigen und Bett= machen wird meiſt von Männern beſorgt. Neben Kammerdienern und Lakaien hält man- häufig Kammerkoſaken und Kammertſcherkeſſen, Sexbier, Armenier und Albanefen, die, in thre Nationaltracht gekleidet, dem Hauſe ein fremd=