Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 12.
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Hiſtoriſcher Roman von L. Haidheim. 28
„Meint Jhr die Gräfin, Herr, oder das Fräulein ?“ Shre Mienen verriethen, daß ſie keine der Schweſtern ſ{hön nennen mochte.
Ex ſ<hwieg. Faſt verlegen ging er in die andere Stube und ſebßte ſih dort wieder an's Fenſter.
1xſula ſah ihm verwundert nach.
Noch mehr befremdete es ſie, da ſie Abends dem Junker im Gange begegnete, daß er, um zur Abendtafel zu gehen, ſein goldbraunes Sammetkleid mit den gelben Atlaßpuffen angezogen hatte. Er pflegte ſich um ſein Ausſehen ſonſt nicht eben zu fümmern, ſelbſt für Jſa legte er ſein ge= wohntes ſ<hwarzes Gewand nicht ab.
Doch ſah er in dieſem ritterlichen farbigen Anzuge ſo ſtattlich aus, wie ſie ihn noh nie gefunden, und beſonders lag in ſeinen Mienen heute ein ebenfalls an ihm no<h nicht bemerkter Ausdru>, der ihn hübſ< machte.
„So iſt's re<t, Junker, Jhr ſolltet alle Lage ſo fein einhergehen,“ ſagte ſie freundlich.
Ex lachte und ſah ganz glü>li<h aus.
Das war bei der Feindſeligkeit zwiſchen Antonio und ihm für Urſula auffallend; aber wer weiß, vielleicht ließen ſie Beide den Hader fahren.
Die Markgräfin, immer bedacht, ihre Gunſt ihm zu beweiſen, nahm Burkard Keller an der Hand und ſagte zu den beiden Nichten: „Dies iſt der Freie v. Keller, ih lobe ihn nicht erſt, denn Jhr habt genugſam von ihm gehört.“
„Ja, das haben wix, Herr, und viel Rühmens!“ ex= wiederte Gräfin Marie.
Jhre Schweſter ſagte nichts; ſie ſah aus ihren dunkelz-