Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 2.
Roman von Georg Hartwig. 111
„Wenn das kein widerwärtiger Anblic iſt,“ ſagte Freiberg, ſich verächtlih abwendend, „ſo will ich nie wieder der guten alten Zeit das Wort reden !“
„Mit der Leibeigenſchaft und dex Feudalherrſchaft !“ ne>te Dreyſing gutmüthig. „Es könnte auh ſo etwas von Folterſchrauben mit unterlaufen, niht?“
„Eher und lieber, als folhe ſhamlofen Auswüchſe neumodiſcher Geſinnung! Vor einem Fahrhundert hätten gerade die Frauen dieſen frivolen Patron geſteinigt, heute küſſen ſie ihm die Hand. Pfui darüber! Jh verſichere Jhnen, daß in dieſem Augenbli>e ein brennendes Ver= ſangen mich exfaßt na< den Bildern meiner \veiblichen Ahnen, auf deren ſtillen Zügen niht ein Schatten wild ent= feſſelter Emanzipationsgelüſte ſ{<webt.“
„Sie ſpann, damit ex ſich freute, es waren glü>li<he Zeiten!“ parodirte der Juſtizrath mit guter Laune. „Was erhißen Sie ſich nux in allex Welt? Es wird ſo viel Un= ſinn geſhwabßt, warum niht auh hier? Mir war, um den alten Goethe heute einmal tüchtig dur<hzuſ<hütteln, als hört’ ih „ein ganzes Chor von hunderttauſend Narren ſprechen !‘“
„So gehen Sie noch einmal in den Saal zurü> und rufen Sie es unter die Närrinnen!“ ſagte der Graf erbost.
„Dieſes weniger! Jh gehe jeht direkt nah Billner?s Reſtaurant! Jm Uebrigen erboſen mich derlei Hans= wuxſtiaden ganz und gar nicht. Jedes zartfühlende Weib fühlt ſi<h nux dur< ſolche Ausſchreitungen der Emanziz pationëluſtigen ihres Geſchlechtes abgeſtoßen, wir brauchen alſo nicht zu fürchten, daß edle Weiblichkeit uns verloren