Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 2.
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Kriminal-Novelle von B. v. Wolfshofer. 153
lichen Neffen aus feiler Habgier begangen, in der wohlz durchdachten Geſfliſſenheit, Erbin ſeines Vermögens zu werden. Mildernde Gründe ſeien unter allen Umſtänden auszuſc<hließen.
Dumpfes Schweigen folgte dieſem Vortrage.
Dex Vorſißende unterbrach es, um die Zeugen zu ver= nehmen. :
Die Ausfagen derſelben konnten wenig von Belang ſein. Sie rührten zumeiſt von Bedienſteten des Hotels de Calais in Dover hex, die vernommen wurden, ob ſie Verdacht hätten gegen Jemand, der in jener Nacht im Hauſe weilte. Sie hatten jedo<h insgeſammt nichts Auffälliges bemerkt und waren vox Allem bei dex Anzahl der Fremden, welche täglich dies große Hotel bevölkerten, niht einmal in der Lage, jedem Einzelnen eine ſo intenſive Aufmerkſamkeit zuzuwenden.
Nun wurde Mrs. Argyle verhört.
„Meine Schweſter iſt unſchuldig,“ rief ſie in mächtiger Aufwallung ihres Schmerzes. „Sie würde ihr Leben hin= gegeben haben, um mein armes Kind zu retten! Sie würde gern ſterben, um mir es wieder zu geben — ſie, die meinen Sohn ebenſo geliebt hat, wie ich ſelber.“ Schluchzen er= ſti>te ihre Stimme.
Dex Vorſißende zu>te mit den Achſeln. „Haben Sie weiter ni<hts anzugeben?“ ſagte er. „Richtet ſih nicht Jhr Verdacht auf Jemand, von dem Sie annehmen, daß er den Mord begangen haben könnte?“
„Gewiß,“ verſeßte Mxs. Argyle entſchieden. „Jh ſagte ja bereits, daß i< einen Schatten —“