Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.
226 Fiſcherleben an den Küſten der Normandie.
das eigentliche Fiſcherdorf bietet zu allen Tage8zeiten eine Reihenfolge maleriſher Scenen und Bilder.
Hier liegen alte, mit Moos überzogene Schiffsrümpfe, da ſind Reihen von Pfählen zum Trocnen und Ausbeſſern der Nebe eingerammt, um welche Gruppen fleißiger Men= ſchen beſchäftigt ſind, während das überall ausgebreitete Tauwerk die Luft mit ſtarkem Theergeru<h erfüllt. Von kräftigen Ruderſchlägen getrieben, laufen mit der Fluth die heimkehrenden Fiſcherbarken fnirſchend auf den Strand, um, faum ihrer Beute entledigt, zum Schuße gegen eine etwaige ſtürmiſche See von den Weibern auf die höheren Felsbänke hinaufgezogen zu werden. Mit Fett beſtrichene runde Hölzer werden unter den Kiel des Fahrzeuges ge= ſchoben, und die mit hohen, blendend weißen Müßen be= fleideten Weiber ſehen entweder eine vierarmige, dieſem Zwecke dienende Haspel in Bewegung, oder legen Taue und ſtarke Lederriemen auf ihre breiten Schultern, um ſo das Boot an einen ſicheren Ort zu ziehen.
Das Anlangen eines vom Fiſchfange heimkehrenden Bootes zieht ſtets eine Menge Menſchen, auch viele von dèn Sommergäſten herbei, welche um die zum Theil noch leben= den und in ihren Neßen zappelnden Makrelen, Schollen, Butten und Seezungen feilſchen, Delikateſſen, die hier häufig höher bezahlt werden, als in Paris; denn erreicht der gebotene Preis nicht die Erwartungen der meiſt ſehr furz angebundenen Verkäuferin und ihres ſchweigſamen Chez herrn, ſo würdigt ſie das Angebot kaum einer Erwiederung, fondern bringt ihre Waare nah Hauſe, um ſie, in Stroh verpackt, mit der nächſten Poſt nach der Stadt zu ſenden.