Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

60 Erſte Drdnung: Affen; erſte Familie: Shmalnaſen (Menſchenaffen).

Die Zähne ſind ſehr kräftig, die E> oder Hunvszähne kaum weniger als bei Raubtieren entwi>elt; der hinterſte untere Backenzahn zeigt drei kleine äußere und zwei innere Höcker, nebſt einem hinteren Anhange. Das Gerippe entſpricht hinſichtlich ſeiner Maſſigkeit der Größe des Tieres. Der ungeheure Schädel fällt beſonders auf dur die Länge und Schmalheit des ſeitlich ſehr zuſammengedrückten, hinten e>ig vortretenden, innen kleinen, d. h. wenig geräumigen Hirnteiles, den mächtig entwickelten Scheitelklamm des Männchens, der dieſem ſelten, dem Weibchen ſtets fehlt, durch die weit vortretenden Brauen und Jochbogen und den rieſigen Unterkiefer, der von 13 Nippenpaaren umſ<hloſſene Bruſtkaſten durch ſeine Weite, das Arm- und Handgerüſt durch ſeine gewaltige Stärke. Nach Huxley und N. Hartmann iſt das Skelett des Fußes nicht das einer hinteren Hand, ſondern das eines e<ten Greiffußes mit ſehr beweglicher langer und di>er großer Zehe, die beim Klettern treffliche Dienſte leiſtet.

Noch iſt es niht mögli, den Verbreitungskreis des Gorilla genau anzugeben. Er ſcheint bloß in einem verhältnismäßig kleinen Gebiete Weſtafrikas, und zwar Unterguineas, heimiſch zu ſein. Bisher iſt ex in den etwa zwiſchen dem Gleicher und dem 5. Grade ſüdlicher Breite gelegenen Küſtenländern ſowie in den weſtlichen Teilen des angrenzenden Gebirges beobachtet worden. Da er ein Waldbewohnexr iſt, wird ex nicht weiter ſüdwärts bis zum Kongo, auch niht in den jenſeits des Gebirges liegenden Landſchaften, wahrſcheinlih aber nordwärts von den Dgowe- und Gabunländern mindeſtens bis in das Kamerungebiet verbreitet ſein, ſoweit ſich die regen- und darum waldreichere Zone erſtre>t. Vielleicht kommt ex auh noh in gleihbegünſtigten Gegenden Oberguineas vor.

Nach Hanno berichten zuerſt wieder Eduard Lopez, Seemann und Händler, und Andreas Battel, Soldat und Freibeuter, die beide zu Ende des 16. Fahrhunderts ſich in verſchiedenen Gegenden Unterguineas aufhielten, über die großen Menſchenaffen Weſtafrikas. Battel erzählt auh vom eten Gorilla der Loangoküſte und führt zuerſt den dort unter den Eingeborenen gebräuchlihen Namen „Mpungu“ an, wodur<h jeder Zweifel gehoben wird. Gelegentlih der Beſchreibung von Mayumba (Yumba) und des dort mündenden Stromes, den er Banna nennt (es iſt die Flußlagune Banya gemeint) ſagt er: „Die Wälder ſind derartig überfüllt mit Pavianen, Meerkagzen, Afffen und Papageien, daß ſich jedermann fürchtet, in denſelben zu reiſen. Namentlich gilt dies für zwei Ungeheuer, welche in dieſen Waldungen leben und im höchſten Grade gefährlich ſind. Das größte dieſer Scheuſale wird von den Eingeborenen „Pongo“ (richtiger ,„Mpungu“), das kleinere ,Enſego‘ (rihtiger „Nſiku) genannt. Der Pongo hat den Gliederbau eines Menſchen, ähnelt aber eher einem Rieſen als einem Manne; denn er iſt ſehr groß und beſißt zwar das Antlitz eines Menſchen, aber hohlliegende Augen, welche von langen Brauenhaaren überde>t werden; Geſicht und Ohren ſind haarlos, die Hände ebenfalls, der Leib dagegen iſt, wenn auch nict gerade dicht, mit Haaren bekleidet, welche eine düſtere Färbung haben. Vom Menſchen unterſcheidet er ſich nur dur ſeine Beine, welche keine Waden zeigen. Er geht ſtets auf ſeinen Füßen und hält, wenn ex auf dem Boden läuft, ſeine Hände zuſammengetlammert im Na>ten. Er ſchläft auf Bäumen und baut ſi<h Dächer gegen den Regen. Sein Futter beſteht aus Früchten, welche er in den Wäldern findet, au<h wohl aus Nüſſen; Fleiſch ißt er niemals. Sprechen kann er niht, und ſein Verſtändnis iſ niht größer als das eines Viehes. Haben die Eingeborenen, welche die Wälder durchreiſen müſſen, nachts ein Feuer angezündet, ſo erſcheinen die Pongos am Morgen, ſobald jene das Lager verlaſſen, und ſißen am Feuer, bis dasſelbe ausgeht; denn ſie verſtehen niht, daß man, um es zu erhalten, Holz zulegen muß. Dft vereinigen ſie ſih zu Geſellſchaften und töten manchen Neger im Walde, oft au< überfallen ſie Elefanten, welche weidend in ihre Nähe kommen, und ſ{lagen dieſelben ſo mit ihren mächtigen Fäuſten, daß ſie brüllend davonlaufen. Niemals kann