Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

452 Vierte Ordnung: Raubtiere; erſte Familie: Kayen.

anderen folgen; weitaus greifen die zierlichen Hufe, hohauf ſ{<hnellen die federnden Läufe der anmutigen Tiere. Über Buſh und Grasbüſchel ſeßen die Behenden dahin und ſind gerettet. So naht ſi< auch das kÉluge Zebra, ſo naht ſich die Giraffe: aber wehe ihnen, wenn ſie dieſe Vorſicht verſäumen. Wehe der Giraffe, wenn ſie mit dem Winde zur umbuſchhten Lache ſchreitet; wehe ihr, wenn ſie über der Begierde, die heiße, ſ<hlaffe Zunge zu kühlen, ihre Sicherheit auh nux einen Augenbli> vergißt! Dann wird Freiligraths hochdihteriſche Beſchreibung faſt zur vollen Wahrheit: „„Plöblich regt es ſi<h im Rohre; mit Gebrüll auf ihren Nacen Springt der Löwe. Welch ein Reitpferd! Sah man reichere Schabra>ken Jn den Marſtallkammern einer königlihen Hofburg liegen Als das bunte Fell des Renners, den der Tiere Fürſt beſtiegen? „Zn die Muskeln des Genies ſ<lägt er gierig ſeine Zähne, Um den Bug des Rieſenpferdes weht des Reiters gelbe Mähne. Mit dem dumpfen Schrei des Schmerzes ſpringt es auf und flieht gepeinigt; Sieh, wie Schnelle des Kameles es mit Pardelhaut vereinigt! „Sieh, die mondbeſtrahlte Fläche ſhlägt es mit den leihten Füßen! Starr aus ihrer Höhlung treten ſeine Augen; rieſelnd fließen An dem braun gefle>ten Halſe nieder ſhwarzen Blutes Tropfen, Und das Herz des flücht'gen Tieres hört die ſtille Wüſte flopfen. „„Shrem Zuge folgt der Geier; frähzend ſ{<wirrt er dur< die Lüfte; Jhrer Spur folgt die Hyäne, die Entweiherin der Grüfte; Folgt der Panther, der des Kaplands Hürden räuberiſch verheerte; Blut und Schweiß bezeihnen ihres Königs grauſenvolle Fährte. „Zagend auf lebend'gem Throne ſehn ſie den Gebieter ſißen, Und mit ſcharfer Klaue ſeines Sites bunte Polſter riben. Raſtlos, bis die Kraft ihr ſ{hwindet, muß ihn die Giraffe tragen ; Gegen einen ſolchen Reiter hilft kein Bäumen und fein Schlagen.“

Jh ſage, dieſe Beſchreibung enthält faſt die volle Wahrheit! Den Geier muß der For\her aus ihr ſtreihen; denn er folgt dem Löwen nicht zur Nacht, ſondern kommt bloß bei Tage, um die Überreſte der königlihen Tafel zu beanſpruchen. Jm übrigen hat der Dichter ſ{<werli<h weſentlih übertrieben. Livingſtone behauptet freilih, daß es dem Löwen nicht möglich ſei, auf den Nüen einer Giraffe zu ſpringen oder einen Büffel niederzureißen. F< ſehe aber niht ein, warum der gewaltige Räuber ſeine Kraft und Gewandtheit niht au< an einer Giraffe verſuchen ſollte. Ob es ihm öfters mögli<h wird, ein ſolches „Reitpferd zu beſteigen“, iſt allerdings eine andere Frage.

Nach Livingſtone pat er ſeine Beute gewöhnli<h am Halſe, ſonſt aber auc in den Weichen, wo ex am liebſten zu freſſen beginnt. „Zuweilen trifff man auf eine Elenantilope, welche er vollſtändig ausgeweidet hat.“ Selous, welcher beſtätigt, daß der Löwe ſeine Beute ſtets am hinteren Leibe anſhneidet und zuerſt die Eingeweide und edleren Organe freſſe, hat auh beobachtet, daß er dieſe Teile zuweilen in einen Haufen beiſeite rollt und mit Erdreich bede>t, zweifellos, um ſie ſi< für die folgende Nacht zu bewahren und ſie vor den Geiern zu ſhüßen, die während des Tages ſicher herbeikommen. Über ſeine Jagdweiſe ſagt er: „Nach meiner Erfahrung pflegen Löwen die Tiere ganz verſchiedenartig zu überfallen. Jh habe ein Pferd, einen jungen Elefanten und zwei Pferdeantilopen geſehen, welche dur< einen Biß in die Kehle getötet waren; ih habe wiederum ein Pferd und mehrere Zebras geſehen, welche dur< Biſſe in den Nacen getötet waren. Büffel, ſo nehme ih an, werden manchmal dur< Ausrenkung der Na>kenwirbel bewältigt, die bewirkt wird, indem der Löwe auf die Shulter ſpringt, ihre Naſe mit der Taße pa>t und nun dem Na>en eine jähe Drehung gibt. Jh habe eine Menge Büffel geſehen und geſchoſſen, die ſih no<