Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

512 Vierte Ordnung: Raubtiere; erſte Familie: Katen.

Der Sumpfluchs, die Dſchangelkate engliſcher Forſcher (Lynx chaus, Felis chanus, libyca, catolynx, affinis, dongolensis, jacquemontii, katas, ruepellii, marginata und chaligata), erreiht ungefähr 90 em Länge, wovon 22—27 cm auf den Schwanz kommen; die Schulterhöhe beträgt 35—40 cm, das Gewicht 6—9 kg. Der ziemlich reiche Pelz hat eine mannigfaltig von Gelbgrau bis Graubraun wechſelnde Grundfärbung; die einzelnen Haare ſind an der Wurzel o>ergelb, in der Mitte ſ{<warzbraun geringelt an der Spite weiß oder grauweiß und hin und wieder ſ{<warz gefärbt. Die Zeichnung beſteht aus dunkleren Querſtreifen, welche beſonders am Vorderhalſe, an den Seiten und Beinen deutlicher hervortreten, ſo, wie auf unſerer Abbildung erſichtli<h wird. Über die Stirnmitte verläuft ein kurzer, ziemlih breiter Streifen, welcher zu beiden Seiten von ſ{mäleren und kürzeren begleitet wird; über und neben den Augen bemerkt man andere Schmibßſtreifen. Den Schwanz zeichnen oben 6—9 dunkle Halbringe und die {hwarze Spitze. Die Ohren ſind außen graugelb, innen rötlihgelb, oft von längeren weißlichen Haaren überſtrahlt, die Füße braunrötlich, die Unterteile hello>ergelb gefärbt. Der Augenſtern ſieht grünlihgelb aus. Die Streifen ſind bei manchen Tieren recht undeutlih und ſcheinen beſonders im Alter gänzlih zu ſhwinden. Fn Fndien kommen gelegentlih au<h ganz ſhwarze Tiere vor.

Der Sumpfluchs hat eine weite Verbreitung. Er bewohnt den größten Teil Afrikas und Süd- und Weſtaſien, insbeſondere Süd- und Oſtafrika, Nubien, Ägypten, Perſien, Syrien, die Länder um das Kaſpiſche Meer und Jndien oſtwärts bis nah Barma ſowie vom Himalaja bis nah Ceylon. Eine von Ti>ell auf den Andamanen gefundene Wildkatze könnte nah Blanford wohl F. chaus ſein. Fm Himalaja ſteigt er bis zu 2500 m und vielleiht no< höher empor, trägt aber dort einen dihteren und längeren Pelz. Den alten Ägyptern war er wohl bekannt, wurde auch wie die Hausfaze einbalſamiert und jein Leichnam an heiligen Orten beigeſegt. Einzelne Naturforſcher neigen zu der Meinung, daß man in ihm einen der Stammväter unſerer Hausfage zu erkennen habe, und wollen gewiſſe Farbenſpielarten unſeres Hinz als Kreuzungserzeugniſſe von ihm und der Haus- oder aber der Urmutter Falbkate ſelbſt abgeleitet wiſſen. Daß der Sumpfluchs in Jndien und Ägypten oder Syrien ſih mit der Hausfage paart, darf nach den geſammelten Erfahrungen niht mehr in Abrede geſtellt werden; gegen eine unmittelbare Abſtammung der Hauskfage von unſerem Luchſe aber ſprechen gewichtige Gründe, vor allem die bereits genügend hervorgehobene Ähnlichkeit von Falbfaße und Hinz. Auf die Verehrung, welche die alten Ägypter dem Sumpfluchſe angedeihen ließen, wird, betreffs der Abſtammungsfrage unſerer Hauskaze, fein beſonderes Gewicht gelegt werden können; ihre Kaßenfreundlichkeit beſchränkte ſi wohl taum auf die eine Art, ſondern erſtre>te ſi über alle kleineren, ihnen bekannten Verwandten des als heilig erahteten Tieres.

Jh bin dem Sumpfluchſe im Nilthale mehrere Male begegnet. Er iſt in Ägypten eben keine ſeltene Erſcheinung; man bemerkt ihn nur niht oft. Jn jenem Lande fehlen größere Waldungen, in denen ein Raubtier ſih verbergen könnte, faſt gänzlih, und dieſes iſt deshalb auf andere Schlupfwinkel angewieſen. Wie die Hyäne, welche eigentlich zwiſchen dem Geklüfte der Wüſte ihre Höhle hat, oft lange Zeit im Röhricht lebt, wie Schakal und Fuchs Riedgras und Getreide bewohnen, ſo lebt auh der Sumpfluchs ruhig an ähnlichen Orten, ohne befür<hten zu müſſen, leiht aufgeſtört zu werden. Die ausgedehnten Getreidefelder, welche auf dem vom überwogenden Nile getränkten Erdreiche angelegt wurden, alſo niht zeitweilig künſtlih überrieſelt werden, ſind vorzugsweiſe ſein Aufenthalt. Außerdem aber bewohnt er die großen Flächen, welche dichter oder dünner mit einem ziemlih hohen, ſharfſhneidigen Graſe bede>t ſind, und endlich bieten ihm die tro>enen Stellen im Röhricht oder auh ſchon die Schilfhorſte, welche an den Ufern der Kanäle ſih hinziehen und manche Felder umzäunen, erwünſchte Aufenthalt3orte. Das Nämliche wird über ihn aus Jndien