Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Sumpflu<hs: Raubweiſe, Zähmbarkeit. Karakal. 515

Bellen nachgehend, war ich ſo glü>lich, durch eine halb verſchüttete Öffnung in einen unterirdiſhen Gang und am Ende desſelben in den Naum zu gelangen, in welchem der Hund ſi< mit einer Kate beſchäftigte, mehr mit ihr ſpielend als ſie angreifend. Freilich ſchien das Tier auh durchaus nicht fähig, dem Hunde Widerſtand entgegenzuſeßen, vielmehr im Verſcheiden zu ſein. Bei genauerer Beſichtigung fand ſich, daß ih keine Hauskaße, ſondern einen jungen Sumpfluchs vor mir hatte, was mi<h au< keineswegs wundernahm, da ih leßterem bei meinen Streifereien in dem anſtoßenden Wüſtengebirge ſehr oft begegnet war und ihn wiederholt in Tempelruinen mit dem Fangen von Fledermäuſen beſchäftigt geſehen hatte. Einer ſolhen Jagd war jedenfalls auch dieſer „Tſchaus“ nachgegangen, durch eine Öffnung in den unterirdiſchen Raum des Tempels gelangt und niht mehr im ſtande geweſen, an den glatten Mauern die bedeutende Höhe zu gewinnen. Selbſt ih mußte, um wieder ans Tageslicht zu kommen, mehrere große Steine herbeitragen und meinen Hund zu der Öffnung emporheben, um ihm die Freiheit zu verſchaffen. Der halb verhungerte Sumpflus erregte mein Mitleiden, wurde deshalb von mir mitgenommen und baldmöglichſt mit Milch und Fleiſh bewirtet. Fnfolge dieſer Erlabung, vielleiht auh der Wirkſamkeit der freien Luft, erholte er ſih zu meiner Freude und zum erſichtlihen Vergnügen des Hundes, welcher jeder Bewegung des geretteten und gewonnenen Freundes mit Teilnahme folgte und ſein Wohlwollen gegen denſelben durh fortgeſeßte Verſuche, mit ihm zu ſpielen, äußerte. Der Luchs hatte, als ih ihn ergriff, keine Verſuche gemacht, ſih widerſpenſtig zu zeigen, vielmehr alles über ſih ergehen laſſen, war heißhungerig über die ihm gereihte Nahrung hergefallen und geſtattete es, daß i< ihn aufnahm und liebkoſte. Jn vollſtem Verſtändnis des ihm erzeigten Dienſtes, blieb er von jeßt an mein unzertrennlicher Begleiter, folgte mir auf Schritt und Tritt, wohin ih mi< au< wenden nochte, ſprang zu mix aufs Kamel, wenn ih eine Reiſe antrat, durhwanderte ſo mit mix gemeinſchaftlih den größten Teil Nubiens und hielt ſi<, wenn ih ſtundenlang Fnſchriften abnahm, ununterbrochen in meiner Nähe. Auch mit dem Hunde blieb er freundſchaftli<h verbunden: Zank und Streit zwiſchen den beiden kamen nie vor, wohl aber ſpielten ſie täglih ſtundenlang in der liebenswürdigſten Weiſe zuſammen.“

Ebenſo wie den Tſchaus hat man den Wüſtenlu<s oder Karakal (Lynx caracal, Felis caracal, Caracal melanotis), ein \{<önes Tier von 65— 75 cm Leibes-, 25 cm Schwanzlänge und 40—45 em Schulterhöhe, unter dem Namen Caracal zum Vertreter einer beſonderen Gattung erheben wollen. Fhn unterſcheiden von anderen Luchſen die ſhlanke Geſtalt, die hohen Läufe, die langen, ſ<malen, zugeſpißten Ohren, welche wie bei den nordiſchen Arten der Gattung ſtarte Pinſel tragen, und das enganliegende Wüſtenkleid: alle dieſe Unterſchiede erſcheinen jedo< zu unbedeutend, als daß ſie zu ſol< einer Trennung berehtigen fönnten. Der Karakal iſt ein e<tes Kind der Steppe oder Wüſte und als ſolches auf das zwe>mäßigſte ausgerüſtet. Seine Geſtalt iſt ſ<hmächtiger, namentlich ſ{<lanker als die ſeiner nordiſchen Verwandten, ſeine Läufe ſind höher, befähigen ihn alſo zu beſonderer Schnelligkeit im Laufen, die Lauſcher verhältnismäßig größer und für Beherrſchung weiterer Stre>en geeignet, die Färbung endlih iſt die eines Wüſtenkleièes, d. h. ein dunkleres oder helleres Fahlgelb ohne Fle>Æen, welches nur an der Kehle und am Bauche ins Weißliche zieht und auf der Oberlippe dur einen großen ſ<warzen Fle>en ſowie durch einen {hwarzen Streifen, welcher ſi< vom Naſenrande zum Auge zieht, und die ſ<hwarzen Ohren unterbrochen wird. Je nach der Gegend, aus welcher der Karakal kommt, dunkelt oder lichtet ſih ſeine Färbung, vielleicht im Einklange mit der Farbe des Bodens, ſo daß man vom Jſabellgelb an bis zu Braunrot alle Schattierungen des Wüſtenkleides an ihm wahrnehmen fann. Dieſelbe Gleichfarbigkeit mit der Umgebung, welche ein Tier vorzug8weiſe bewohnt,

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