Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1
670 Vierte Ordnung: Raubtiere; dritte Familie: Marder.
Europa beherbergt eine einzige Art der Unterfamilie die, oder wie die meiſten Jäger ſagen, den Fiſchotter, Fluß- oder Landotter und Fiſchdieb (Lutra vulgaris, Mustela und Viverra lutra, Lutra nudipes), einen Waſſermarder von reihli< 1,2 m Länge, wovon 40—43 em auf den Shwanz zu rechnen ſind. Der Kopf iſt länglihrund, die Schnauze abgerundet, das Auge klein, aber lebhaft, das ſehr kurze, abgerundete, dur eine Hautfalte verſchließbare Ohr faſt ganz im Pelze verſte>t der Leib ziemlih ſ{<lank, aber flach, der Shwanz mehr oder weniger rundlich, an der Spige ſtark verſhmälert; die ſehr kurzen Beine, deren Zehen dur bis zu den Nägeln vorgezogene Schwimmhäute miteinander verbunden werden, treten mit der ganzen Sohle auf. Jn dem ziemlich kurzen und ſehr flachen Schädel iſt das Hinterhaupt ungewöhnlich ſtark und breit entwidelt, die Stirn nux wenig niedriger als der Scheitel, die Naſe vorn kaum merklich abſchüſſig; im Gebiſſe, welches aus 96. Zähnen und zwar 3 Shneide-, 1 E>-, 3 Lücktzähnen, dem Höcker- und noh 1 Ba>enzahne oben und unten in’ jedem Kiefer beſteht, iſt der äußere obere Vorderzahn bedeutend ſtärker als die vier mitielſten, und tritt der zweite untere Vorderzahn aus der Zahnreihe
Gerippe des Fiſchotters. (Aus dem Berliner anatomiſhen Muſeum.)
zurü>; der ſehr ſtark entwidelte Höcerzahn des Oberkiefers iſt quergeſtellt, vierſeitig, rhombiſchen Querſchnittes und nur wenig breiter als lang. Als bezeihnend für die Gattung gilt noch die na>te, neßartig geriſſene und flahwarzige Haut an der Naſenſpigze über dem behaarten Lippenrande, zu deren Seiten die länglichen, bogigen Naſenlöcher ſich öffnen, weil die Form dieſes Naſenfeldes für die Unterſcheidung anderer Otter von Wichtigkeit iſt und zur Aufſtellung beſonderer Untergattungen Veranlaſſung gegeben hat. Ein dichter und ÉuTz anliegender, aus derbem, ſtarrem, glänzendem Oberhaare von dunkelbrauner Färbung beſtehender Pelz de>t den Leib; ſeine Färbung lichtet ſi< nur auf der Unterſeite etwas und geht unter dem Halſe und an den Kopſfſeiten ins Weißlichgraubraune über, während der im Pelze verſte>te Dhrrand lichtbraun ausſieht; ein heller, verwaſchen weißlicher Fle>en ſteht über der Mitte der Unterlippe, einzelne unregelmäßige rein weiße oder weißliche Fle>chen finden ſih am Kinne und zwiſchen den Unterkieferäſten. Das ſehr feine Wollhaar iſt an der Wurzel lichtbraungrau, an der Spitze dunkler braun. Manthe Tiere haben eine mehr graubraune als dunkelbraune Färbung. Abänderungen kommen ebenfalls vor: ſo wurde mir einmal ein Balg zugeſchi>t, welcher auf der ganzen Oberſeite ziemlich große, runde, graugelblihweiße Fle>en zeigte.
n der Weidmannsſprache heißt der männliche Fiſchotter Rüde, der weibliche Fähe oder Fehe, der Schädel Grind, der Shwanz Nute, das Fleiſh Kern, das Fell Balg, das weibliche Geſchlechtsglied Nuß. Der Fiſchotter ranzt und die Fähe bringt Junge, er ſteigt aus oder an das Land, wenn er das Waſſer verläßt, geht über Land, wenn er auf dem Tro>enen eine Stre>e zurü>legt, ſteigt, fällt oder fährt in das Waſſer; er wittert, ſcherzt oder ſpielt, pfeift, fiſcht, hat eine Fährte und einen Bau, keine Wohnung oder Höhle.