Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3
Neunte Ordnung. Die Rüſſeltiere (Proboscidea).
Ein verfallendes Geſchlecht, die lezten Stammhalter einer vormals zahlreicheren Abteilung der Säugetiere, treten vor uns in den Rüſſeltieren. Sie erſcheinen uns als lebende Zeugen früherer Schöpfungsabſchnitte, als auf uns überkommene Angehörige vergangener Erdentage.
Von den Arten dieſer Ordnung, welche unſere Erde bevölkerten, ſind nur no< Vertreter einer Familie, zwei oder vielleicht drei Arten, auf unſere Zeiten gekommen; aber gerade ſie ſind es, welche die Jeßtzeit ſo recht erſihtlih mit der Vorwelt verbinden: denn ihrer Familie gehörten die Rieſen an, deren wohlerhaltene Leichname das Eis Sibiriens durch Jahrtauſende uns aufbewahrte. Das Verſtändnis der Abteilung wird ein Bli> auf ihre ausgeſtorbenen Arten, über wel<he Neumayr in der „Erdgeſchichte“ berichtet, erleichtern.
Unſere Elefanten (Elephas), die einzigen gegenwärtig noh lebenden Vertreter der alei<hnamigen Familie (Elephantidae), fennzeihnen der lange, bewegliche Rüſſel und die Zähne, namentli<h die Stoßzähne, welche man als umgebildete Schneidezähne betrachtet. Der Rumpf iſt kurz und di>, der Hals ſehr kurz, der Kopf rund, dur<h Höhlen in dem oberen Schädelknochen aufgetrieben; die ziemlich hohen, ſäulenartigen Beine haben fünf miteinander verbundene Zehen und flache, hornartige Sohlen.
Das wichtigſte Glied des Elefanten iſt der Rüſſel eine Verlängerung der Naſe, ausgezeichnet durch ſeine Beweglichkeit, Empfindlichkeit und vor allem durch den fingerartigen Fortſaß an ſeinem Ende. Er iſt zugleih Geruhs-, Taſt- und Greifwerkzeug. Ring- und Längsmusfeln, na<h Cuvier etwa 40/000 einzelne Bündel, ſeßen ihn zuſammen und befähigen ihn niht allein zu jeder Wendung, fondern auch zur Stre>ung und Zuſammenziehung. Dem Munde erſetzt er die fehlende Oberlippe, dem Tiere ſelbſt ermöglicht ex das Leben. Der Leibesbau erlaubt dem Elefanten niht, den Kopf bis zur Erde herabzubringen, und es würde dem Tiere deshalb ſ{<wer werden, ſih zu ernähren, würde nicht jenes ſonderbare Werkzeug ihm zur Lippe, zum Finger, zur Hand und zum Arme zugleich. Dieſer Rüſſel heftet ſih an der platten Geſichtsfläche des Schädels, auf den Stirnbeinen, dem Obertiefer, dem Naſenbeine und dem Zwiſchenkiefer an, iſt oben gerundet, unten abgeflacht und verjüngt ſi< allmähli<h von der Wurzel zur Spigte.
Alle übrigen Glieder und ſelbſt die Sinneswerkzeuge des Elefanten erſcheinen weniger beahtenswert. Die Augen ſind klein und von blödem, aber gutmütigem Ausdru>ke, die Ohren
Brehm, Tierleben, 83. Auflage. II. 1