Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Maskenwürger. Rotſhwanzwürger. 497

bereits im März, in der Umgegend von Smyrna zu Anfang April, in Griechenland „mit dem NRoſenſtare als leßter Zugvogel“. Auf ſeiner Wanderung beſucht er Abeſſinien und die oberen Nilländex, ſtreift auh wohl bis jenſeits des Gleichers hinüber. Jn Griechenland bewohnt er während des Sommers heidenartige, mit einzelnen Ölbäumen beſtandene Stre>en, in Kleinaſien die Ölbaumpflanzungen der Ebene wie die Kiefernwaldungen der Gebirge, in Ägypten und Nubien die kleinen Mimoſengehölze zwiſchen Feldern und Weiden des Nilthales oder aber reine Dattelpalmenwälder.

Mehr als jeder andere europäiſche Würger bevorzugt er hohe Bäume zu ſeinen Warten. Hier ſißt ex, und von hier aus fliegt er, ganz na< Art der Verwandten, auf Beute aus; von den Spigen ſolcher Bäume herab trägt er auch ſein anſprechendes Liedchen vor. Legteres iſt, ebenſo wie der Geſang ſeiner Verwandten, größtenteils erborgtes Eigentum anderer Sänger, daher reichhaltiger oder eintöniger, je nachdem das von ihm bewohnte Gebiet mehr oder weniger verſchiedenartige Singvögel beherbergt. Nach meinen und anderer Beobachtungen iſt er minder raubgierig als die Verwandten und läßt ſih für gewöhnlich an allerlei Kerbtieren genügen; doh dürfte auh er ein Neſt oder ein kleines unbehilfliches Vögelchen ebenſowenig verſchonen wie ein anderer ſeines Geſchlehtes. Triſtram fand ihn ſcheu; i< und alle übrigen Beobachter lernten ihn im Gegenteile als auffallend vertrauensjeligen Vogel kennen. |

Das Neſt ſteht, nah Lindermeyer, auf der Spiße des höchſten Ölbaumes ſeines Brutgebietes, nah Krüper und Triſtram dagegen entweder in einer Aſtgabel oder auf der Mitte eines wagerehten, halbtro>enen Aſtes, ſo, daß es von oben durch einen aufſteigenden Af oder herabhängende Blätter gede>t iſt, oft ſo weit vom Stamme entfernt, daß man es mit der Hand nicht erreichen fann. Es beſteht ebenfalls zumeiſt aus friſhen P flanzenſtengeln, iſt aber, weil in der äußeren Umwandung des zierlihen Napfes aufgeſammelte Faden und Lumpen verwebt werden, ſo feſt gebaut, daß es ein oder zwei Jahre im Freien aushält. Das Gelege der erſten Brut bilden 6—7, das der zweiten Brut 3—4 Eier; erſtere findet im Mai, lettere zu Ende Juni ſtatt. Die Eier ſind merklich kleiner als die des Rotfopfwürgers, manchmal au< ebenſo groß und auf lehmfarbenem, ins Weißliche ziehendem Grunde mit größeren oder fleineren, nahe dem ſtumpfen Ende zu einem Kranze zuſammenfließenden, ölbraunen Tupfen und Brandfle>en gezeichnet. Nachdem auch die Jungen der zweiten Brut erwerbs3- und wanderfähig geworden ſind, verläßt der Maskenwürger ſeine nördlichen Brutgebiete, Griechenland bereits im Auguſt, Kleinaſien erſt im September, wandert wahrſcheinlih über die in Südägypten und Nubien weilenden Artgenoſſen hinweg und gelangt ſo allmählich in die angegebene Winterherberge.

Ein jung eingefangener Maskenwürger, den Krüper pflegte, ließ ſich ebenſo leiht an Gebauer und Futter gewöhnen wie andere Verwandte.

Der Vollſtändigkeit halber mag erwähnt ſein, daß noch eine Art der Gattung, der Notſ<wanzwürger (Lanius phoenicurus, cristatus, fulyus, bengalensis, melanotis, superciliosus, ferrugiceps, rutilans und ruficaudus, Enneoctonus phoenicurus, Otomela phoenicura und cristata), auf Helgoland erbeutet worden iſt, alſo unter den europäiſchen und ſogar deutſchen Vögeln Aufnahme gefunden hat. Dieſer in Turkiſtan und Südſibirien, vom Alakul bis in die Amurländer als Brutvogel lebende, außerdem in China, Japan, FJndien und auf Ceylon und den Sundainſeln vorkommende Würger iſt auf der Oberſeite dunkel zimtroſtrot, in der Zügelgegend ſhwarz; Stirn, Vorderkopf und ein breiter Augenbrauenſtreiſen ſind weiß, die Unterteile ebenſo, ſeitlich roſtrötlih verwaſchen, die Schwingen und Deckfedern {hwarzbraun, die Armſchwingen außen roſtbraun gerandet, die Steuerfedern matt roſtbraun, die mittleren beiden braun, die ſeitlihen am Ende ſchmal

Brehm, Tierleben. 3. Auflage. IV. 32