Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Tſchagra. Scharlahwürger. Flötenwürger, 499

zum erſten Male anſihtig wird, glaubt man eine Droſſel, niht aber einen Würger zu erkennen. Solange wie möglich verſte>t er ſih zwiſhen Gras und Geſtrüpp, bringt man ihn endli< zum Auffliegen, ſo ſtreicht er mit raſh ſ{hwirrenden Flügelſhlägen, auf welche dann ein kurzes Schweben folgt, dicht über dem Boden dahin, einem zweiten Buſche zu. Auch ex lebt paarweiſe oder einzeln, nur nach der Brutzeit in kleineren Geſellſchaften, wahrſcheinli< in Familien. Den Lokton bezeihnet von Heuglin als hell, voll und wohlklingend, den Silben „dui dui dut dut“ etwa vergleichbar, und teilt als beſondere Eigentümlichfeit des Vogels mit, daß er, deſſen wenig fettiges Gefieder Waſſer begierig aufſaugt, nach heftigen Gemwitterregen hoh in die Luft ſteigt und durch raſche, zitternde Bewegung der Shwingen ein eigentümlihes, dem Schnurren der Spechte ähnliches Geräuſch hervorbringt. Eier, die Heuglin im September erhielt, waren 23 mm lang, 17 mm di>, feinſhalig und auf weißem, roſtbräunlich überflogenem Grunde, nach dem ſtumpfen Ende zu dichter, mit gräulichen und lebhaft rotbraunen Strichelchen gezeichnet.

Bei dem mir hinſichtlich ſeines Freilebens dur eigne Anſchauung bekannt gewordenen Scharlahwürger (Malaconotus erythrogaster, M. weroei, Laniarius erythrogaster, Lanius und Dryoscopus erythrogaster) iſt die Dberſeite glänzend ſ{<hwarz, die Unterſeite bis auf den ledergelblihen Steiß prachtvoll ſharlachrot, das Auge gelb, der Schnabel ſ{<warz, der Fuß bleifarbig. Die Länge beträgt ungefähr 23, die Breite 34, die Fittih- und Schwanzlänge je 10 em.

Der Flötenwürger (Malaconotus aethiopicus, Laniarius, Turdus, Laninus, Telephonus und Dryoscopus aethiopicus) iſt auf der ganzen Oberſeite, mit Ausnahme einer weißen Flügelbinde, ſ<hwarz, auf der Unterſeite rein weiß mit roſenrotem Anfluge, das Auge rotbraun, der Schnabel ſ{hwarz, der Fuß blaugrau. Seine Länge beträgt 35, die Breite 33, die Fittichlänge 10, die Schwanzlänge 9 cm.

Der Scharlahwürger findet ſi<h im ganzen öſtlichen Mittelafrika, jedoh mehr in den Urwaldungen der Ebenen als im Gebirge. Er iſt ein wahrer Shmu> der Wälder Seine hochrote Bruſt ſchimmert {hon von weitem dur das dichteſte Geäſt der üppig grünenden Bäume, und der Vogel muß ſelbſt dem ungeübten Beobachter auffallen, da er niht bloß ſ<ön, ſondern auh bewegli<h, und nicht nur beweglich, ſondern auch redſelig iſt. Fm Gebirge ſcheint ihn der Flötenwürger, der hier noh in einem zwiſchen 2—3000 m Höhe gelegenen Gürtel vorkommt, zu vertreten, erſeßt ihn wenigſtens, ſoweit es ſi<h um die Stimme handelt. Beide Arten leben immer paarweiſe. An geeigneten Orten ſind ſie ſehr häufig: ‘es wohnt Paar bei Paar, und die hellen Flötentöne, die im Anfange entzücken, vernimmt man hier ſo oft, daß ſie faſt zur Plage werden. Das Paar behauptet ein kleines Gebiet, deſſen Durchmeſſer 150 Schritt betragen mag, mit Hartnäckigkeit und verteidigt es gegen jeden Eindringling. Dazu iſt es gezwungen, denn bei der Häufigkeit dieſer Vögel iſt jeder zuſagende Ort beſeßt, und das einzelne Paar muß ſi< begnügen. Jn der Regel vernimmt man die Flötenwürger viel eher, als man ſie ſieht; denn das dichteſte Gebüſch iſt ihr bevorzugter Aufenthalt, und von ihm aus fliegen ſie nur dann auf Hohbäume empor, wenn dieſe geſchloſſene Kronen beſißen, die ſie möglichſt verde>en. Sie halten ſich im laubigen Geäſte auf, freili<h ohne ſih thatſähli<h zu verbergen; denn ihre lebhaften Farben ſchimmern eben doh au< durch das dichteſte Grün hindur<, und wenn ſie wirklih dem Auge entrü>t ſind, dann findet der Beobachter ſie bald dur<h das Gehör auf.

Hinſichtlich ihres Betragens haben ſie unzweifelhaft größere Ähnlichkeit mit den Drofſeln als mit den Würgern. Jh erinnere mih niht, ſie jemals auf der Spie eines

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