Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

638 Erſte Ordnung: Baumvögel; neunundzwanzigſte Familie: Pfefferfreſſer.

weite, aber mit kleinem Eingangsloche verſehene und im Fnneren mit irgend einem Neſte, mindeſtens Geniſte,- ausgeſtattete Brutkaſten an ſolhen Bäumen aufzuhängen, wie der Vogel ſie beſonders liebt, um derartigen Übergriffen vorzubeugen. Jhn deshalb zu töten, iſt ein Unrecht, ſeine „ſonderbar unheimlichen Zu>ungen und Grimaſſen, Kopf- und Augenverdrehungen“ als „die unzweideutigſten Kundgebungen des böſen Gewiſſens“ zu kennzeichnen, wie Gredler dies gethan, ein Scherz, der recht leiht mißverſtanden werden kann. Sgeint es do, als ob ſi aller, welche ſih um die Tiere unſeres Vaterlandes bekümmern, eine wahre Sucht bemächtigt habe, in jedem einzelnen einen uns ſchädigenden Feind zu wittern oder die kaum merklichen Übergriffe, die ſich ein Tier zu ſhulden kommen läßt, zu ungeheuerlihen Übelthaten aufzubauſ<hen! Und da nun der rohe Menſch bekanntermaßen mehr Vergnügen am Zerſtören als am Erhalten findet, können ſolhe Verdächtigungen nur verderbli<h wirken. Aus dieſem Grunde erachte ih es für meine Pflicht, auh für den Wendehals einzutreten und alle auf ihn gehäuften Beſchuldigungen auf ihren wahren Wert zurü> zuführen, d. h. ſie als bedeutungslos zu erklären.

Die nach den Spechten am höchſten entwi>elte Familie der Spehhtvögel wird gebildet dur< die Pfefferfreſſer oder Tukane (Rhamphastidae), deren zwar ſehr leiter, aber unförmig großer Schnabel an den Schneiden ſägeartig gezähnelt iſt; ſie beſißen nur zehn Steuerfedern. Zügel und Augengegend ſind na>t. Die Tukane find in etwa 60 Arten über die Wendekreisländer Amerikas verbreitet.

Die Lebensweiſe der Tukane iſt, nah Burmeiſters Verſiherung, am beſten von dem Prinzen von Wied geſchildert worden, und deshalb erſcheint es billig, die Worte dieſes ausgezeihneten Forſchers hier folgen zu laſſen. „Sonnini und Azara haben uns getreue Schilderungen von den ſonderbaren Vögeln gegeben, die in den ſüdamerikaniſhen Urwäldern unter der Benennung „Tukana‘ bekannt ſind. Fm allgemeinen ſtimmen die Nahrihten der beiden genannten Schriftſteller über die Lebensart dieſer merkwürdigen Geſchöpfe überein. Ein jeder von ihnen hat indeſſen einige kleine Abweichungen, die ſi< aber, wie mix ſcheint, ziemlih leiht ausgleihen laſſen, ohne dem Werte der einen oder der anderen Beobachtung zu nahe zu treten.

„Jn den braſiliſhen Urwäldern ſind Tukane nächſt den Papageien die gemeinſten Vögel. Überall erlegt man ihrer in der kalten Fahreszeit eine Menge, um ſie zu eſſen. Für den fremden Reiſenden haben ſie indeſſen noh mehr Fntereſſe als für den Fnländer, der ſowohl an die höchſt ſonderbare Geſtalt als auh an die glänzenden Farben dieſer Vögel gewöhnt iſt; denn die Tukane zeigen auf einem meiſt Tohlſ<hwarzen Grunde des Gefieders mancherlei ſehr lebhafte, blendende Farben. Selbſt die Jris des Auges, die Beine und der rieſige Schnabel ſind von dieſer lebhaften Färbung niht ausgenommen. Daß dieſe {hönen Vögel in den braſiliſhen Wäldern ſehr zahlreich ſind, iſt gewiß; ebenſo ſicher iſt es aber, wie au< Sonnini richtig bemerkt, daß es ſhwer hält, über ihre Leben8art und Sitten, beſonders über ihre Fortpflanzung genaue Nachrichten zu ſammeln. Nie habe ih das Neſt eines Tukans gefunden. Die Braſilier haben mir indeſſen verſichert, ſie legten zwei Eier in hohle Bäume oder Baumäſte, und dies iſt mix auh wahrſcheinlich, da die meiſten dortigen Vögel nur zwei Eier legen. Die Nahrung der Tukane war ebenfalls ein lange unentſchiedener Punkt in ihrer Naturgeſchichte. Azara will ſie die Neſter der Vögel plündern laſſen, wogegen ih zwar nichts einwenden kann, jedo<h bemerken muß, daß ih in dem Magen nuv Früchte, Fruchtkerne und ähnliche weiche Maſſen gefunden habe. Waterton beſtätigt das Geſagte ebenfalls, und daß die Tukane nicht fleiſhfreſſend ſeien. Sie ſind den Pflanzungen