Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

66 Erſte Ordnung: Baumvögel; neununddreißigſte Familie: Eisvögel,

Vor dem Menſchen zeigt er niht die geringſte Scheu. Er betrachtet den Europäer, dex den meiſten übrigen Vögeln ſehr auffällt, mit der größten Seelenruhe und kann deshalb ohne jegliche Anſtrengung vom Baume herabgeſchoſſen werden. Selbſt wenn er gefehlt wurde, ändert er ſein Betragen nicht, ſondern fliegt dann höchſtens auf den nächſten Baum und ſeßt ſih dort wieder feſt. Die Nahrung ſcheint faſt ausſ<hließli<h aus Heuſchre>en zu beſtehen; zu gewiſſen Zeiten wenigſtens bilden dieſe Kerfe ſicherlih ſeine alleinige Nahrung. Doch achtet er au< der Käfer, welche die blühenden Mimoſen umſ<hwirren, und verſucht ſih zuweilen ebenſo an Schmetterlingen, die an ihm vorübergaukeln. Th. v. Heuglin ſagt, daß er mehr Fiſchfreſſer als Liebhaber von Heuſchre>en und Käfern ſei; ih muß bemerken, daß ih ihn niemals beim Fiſchfange oder auch nur in der Nähe eines Fiſche führenden Gewäſſers beobachtet habe. Bolle fand in dem Kropfe einer verwandten Art ein Stüc von einer Eidechſe, und es läßt ſi daher annehmen, daß auh unſer Vogel derartiges Wild jage.

Uber das Brutgeſchäſt teilt Verreaux einiges mit. Seine Beobachtungen beziehen ſi zwar ebenfalls auf eine verwandte Art; Ähnliches wird aber au< wohl für unſere Art Gültigkeit haben. Die Brutzeit fällt in den Oktober und November. Das Neſt ſteht in Baumlöchern und enthält drei kugelrunde, glänzend weiße Eier. Beide Geſchlechter brüten abwechſelnd; wenn aber die Jungen ausgebrütet ſind, ſcheint das Männchen allein für Ernährung der Familie zu ſorgen.

Unter den auſtraliſhen Mitgliedern der Gattung iſt der Jägerlieſt oder Nieſenfiſher (Halcyon giganteus, Paralcyon gigas, Alcedo gigas, gigantea, fusca und undulata, Dacelo gigas und undulatus) das befannteſte; denn dieſer Vogel ſtellt ſih niht bloß jedem Europäer, welcher Auſtralien betritt, perſönlih vor, ſondern iſt auh und namentli< in der neueren Zeit ſo oft na< Europa gekommen, daß er gegenwärtig keiner größeren Tierſammlung fehlt. Kopf, Hals und alle Unterteile ſind weiß, ſ<hmußig roſtfahl verwaſchen, Stirn und Vorderkopf ſ{hmal dunkelbraun, die Schenkelſeiten ſehr undeutlih und verwaſchen quer gebändert, Zügel und ein breiter Streifen über der Ohrgegend, ein breiter Mittelfle>en auf Scheitel und Hinterkopf, Mantel, Schultern und Flügelde>en braun, leßtere, wenigſtens die mittelſten von ihnen, am Ende zart beryllblau geſäumt, der Bürzel, die Oberbürzelgegend auf <mußigweißem Grunde mit verloſchenen dunkeln Querlinien, die rotbraunen oberen Shwanzde>en und Schwanzfedern mit breiten ſhwarzen Querbinden, die rötlichen Steuerfedern mit breiten weißen Endſäumen geziert. Die Fris iſt tiefbraun, der Oberſchnabel ſ{hwarz, der untere blaßgelb, der Fuß dunkelbraun. Beim Weibchen ſind die Farben minder lebhaft und weniger hervorſtehend, auh das Braun der Scheitelmitte und der Zügel bläſſer. Die Länge beträgt 45—47, die Breite 65, die Fittichlänge 21, die Schwanzlänge 16 cm.

Der Jägerlieſt iſt ſhon den erſten Reiſenden und Forſchern, die Auſtralien berührten, aufgefallen, aber erſt dur< neuere Forſhungen und namentlih dur< Goulds Beobachtungen bekannt geworden. „Er iſt ein Vogel“, ſagt Gould, „den jeder Bewohner oder Reiſende in Neuſüdwales kennen lernen muß, da nicht bloß ſeine Größe auffällt, ſondern auch ſeine außergewöhnliche Stimme die Aufmerkſamkeit ihm zulenkt. Dazu kommt, daß er den Menſchen durchaus nicht ſcheut, im Gegenteil, wenn etwas ſeine Neugierde reizt, herbeifommt, um es zu unterſuchen. So erſcheint er oft auf dem dürren Zweige des nächſten Baumes, unter welchem ſi< Reiſende gelagert haben, und beobachtet mit der regſten Aufmerk: ſamkeit das Anzünden des Feuers oder die Bereitung des Mahles. Gleichwohl entde>t man ſeine Anweſenheit ſelten früher, als bis er ſein gurgelndes Gelächter aufſchlägt, das jederzeit bei den Hörern den Ausruf veranlaßt: „Ah, ſieh da, da iſt ja unſer alter Freund, der lachende Hans‘, Die Töne, die er ausſtößt, ſind ſo bemerkenswert, daß jeder Schriftſteller