Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

470 Zehnte Ordnung: Stoßvögel;, zweite Familie: Neuweltsgeier.

mit breiten, verwaſchenen, fahlgrauen Rändern geziert, die Steuerfedern etwas dunkler als die Shwingen. Die Jris hat ſ{<warzbraune, der Schnabel licht horngelbe, der Fuß weiße Färbung. Die Länge beträgt 78, die Breite 164, die Fittichlänge 49, die Shhwanzlänge 26 cm.

Der Rabengeier oder Gallinazo, in Nordamerika Schwa rzgeier oder Aasfkrähe genannt (Catharista atrata, Vultur atratus und urubu, Percnopterus urubu, Cathartes atratus und foetens, Coragyps atratus), fennzeihnet ſi< dur< dünneren und längeren Schnabel, bei welchem die Wachshaut ebenfalls weit vorgezogen iſt, während die kleineren, länglihrunden und durchgehenden Naſenlöcher nahe der Wurzel liegen, dur kürzeren, gerade abgeſhnittenen Shwanz und verhältnismäßig hohe Füße. Vom Schnabel über den Scheitel zum Na>en verlaufen ſ<hwache, ziemlich regelmäßig hintereinander ſtehende Querrunzeln, die ſich, mehr oder weniger unterbrochen, über Geſicht, Kehle und Vorderhals fortſezen. Der na>te Kopf und der Vorderhals ſind dunkel bleigrau, ins Mattſhwarze übergehend. Das ganze Gefieder, Flügel und Schwanz inbegriffen, iſt matt ſ{hwarz, mit dunkel roſtbraunem Widerſchein bei günſtig auffallendem Lichte, die Wurzel der Schäfte der Fittichfedern weiß, das Auge dunkelbraun, der Schnabel ſ{hwarzbraun, an der Spige horngrau. Die Länge beträgt 60, die Breite 136, die Fittichlänge 39, die Schwanzlänge 18 cm.

Die beiden beſchriebenen Hühnergeier, zu welchen no< drei wenig unterſchiedene weitere Arten kommen, ſind unter ſi ſo vielfa<h verwe<ſelt worden, daß es ſ{<hwer hält, die befannten Mitteilungen über ihr Leben immer rihtig auf die eine oder andere Art zu beziehen; alle Hühnergeier führen jedo<, ſoweit bis jezt bekannt, eine ſo übereinſtimmende Lebensweiſe, daß eine Zuſammenſtellung der wichtigſten Beobachtungen über dieſe wohl ein ziemlich richtiges Bild von dem geben dürfte, was jeder einzelne thut und treibt. Jh kann daher niht immer Vürgſchaft für rihtige Anwendung der Namen übernehmen.

Der Truthahngeier verbreitet ſi<h vom Saskatſchewan an über ganz Nord-, Mittelund Südamerika bis zur Magalhäesſtraße und von der Küſte des Atlantiſchen bis zu der des Stillen Meeres, tritt jedo< nicht überall in gleicher Häufigkeit auf; der Rabengeier dagegen gehört mehr dem Süden Amerikas an, findet ſh in den Vereinigten Staaten nicht im Norden von Carolina, zählt aber in den an den Golf von Californien angrenzenden Ländern, in Mittel- und Südamerika zu den gemeinſten Vögeln des Landes.

Über Lebensweiſe und Betragen der ſüdamerikaniſchen Arten haben uns Ulloa, Azara, A. von Humboldt, der Prinz von Wied, d'Drbigny, Tſchudi, Shomburgk, Darwin, Burmeiſter, Goſſe, Taylor und Abbott, über die nordamerikaniſhen Wilſon, Audubon, Nutall, Gundlach, Ridgway, Ord, Culloch, Coues und andere mehr oder minder ausführliche Berichte gegeben. Jhr Leben und Treiben ähnelt dem der Geier; ſie ſind aber noh vertrauensſeliger als dieſe, weil in den meiſten Ländern von Obrigfkeits wegen eine hohe Strafe den bedroht, der einen dieſer Straßenreiniger tötet. Nicht überall fommen beide Arten zuſammen vor; jede von ihnen bevorzugt vielmehr gewiſſe Örtlichkeiten. So lebt, nah Tſchudi, der Truthahngeier mehr am Meeresufer und faſt nie im Fnneren des Landes, während der Gallinazo häufig in den Städten und einzeln auh wohl im Gebirge, aber nur ſelten am Strande geſehen wird. „Der Europäer, der zum erſtenmal die Küſte von Peru betritt, erſtaunt über die unglaubliche Menge von Aasgeiern, die er am Meeresſtrande an allen Wegen und in den Städten und Dörfern trifft, und über die Dreiſtigkeit und Zuverſicht, mit welcher ſie ſi<h dem Menſchen nähern.“ Sie ſcheinen zu wiſſen, daß ſie, als höchſt notwendige Erſaßkräfte der mangelhaften Wohlfahrtsbehörde, geheiligt ſind. Jn allen ſüdamerikauiſchen Städten vertreten ſie die Stelle unſerer Straßenpolizei. „Ohne dieſe Vögel“ verſichert T\hudi, „würde die Hauptſtadt von Peru zu den ungeſundeſten