Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

490 Zehnte Ordnung: Stoßvögel; vierte Familie: Neiher.

feuerte nach der bezeihneten Gegend einen Schuß ab, und ſiehe, es erhoben ſih aus den urwäldlichen Nohrdi>ichte eine Anzahl von 12—13 Edelreihern, um ſich alsbald an demſelben Orte wieder niederzulaſſen. Die Richtung wurde nun bezeichnet und die nötige Zubereitung zum Eindringen getroffen. Zwei ziemlih große Schinakel wurden mit je drei Mann beſegt, Nahrungsmittel für 2 Tage eingepa>t, und nachdem die beiden walachiſchen Führer vom Leben Abſchied genommen, ſeßten wir uns anderen Tages früh 4 Uhr in Bewegung. Obwohl von der Mühſeligkeit des Unternehmens im voraus überzeugt, hatten doch die beiden braven Jäger und auch wir ſelbſt keine Vorſtellung von der Gefahr, aus dieſem einförmigen und ſhre>lihen Durcheinander von altem und neuem, mehr als 2—3 m hohem Nohre, von über und unter dem bis 11/2 m tiefen Waſſer befindlichen Sturzeln und bodenloſem Schlamme jemals wieder herauszukommen, und geſtehen muß ich, daß dieſer Tag der beſhwerdenrei<ſte meines Lebens iſt, daß wir ohne die ausdauerndſten und allſeitigen Anſtrengungen ſchwerlich zum Ziele und wieder ans Land gekommen ſein würden. Wir fanden am 23. Juni, nahdem wirx an einigen Purpurreiherneſtern vorübergekommen waren, 5 Horſte der Edelreiher mit je 3 und 4 Eiern. Die Horſte ruhen auf Rohrſtengeln und Sturzeln, die aus ziemlihem Umkreiſe zuſammengezogen und umgekni>t wurden, ſind aus einem ſtarken Haufen von gleichen Stoffen erbaut, innen mit Rohrblättern ausgelegt und infolge der Menge der umgekni>ten Nohrſtengel wie infolge der Maſſe der aufgehäuften Neſtſtoffe ſo feſt, daß ih mehrere von ihnen beſteigen konnte. Die Anzahl der Eier ſcheint zwiſchen 5 und 4 zu ſ{hwanken; 5 fanden ſih nirgends. Das Hauptkennzeichen iſt das Korn, denn die Größe gibt ebenſowenig wie die Geſtalt ein untrügliches Merkmal zu ihrer Beſtimmung, obgleich ſie die der Purpurreiher um vieles, die der Fiſchreiher noh bedeutend an Größe übertreffen. Das Korn iſ ein anderes, die Eier ſind fühlbar glätter als die der genannten beiden Arten, die Erhöhungen weniger ſcharf und ſpibig, die Poren weiter voneinander entfernt und größer, die Färbung hat einen mehr bläulichen Ton, die Geſtalt eine geſtre>tere Eiform. Der Edelreiher ſcheint in der Regel gegen Mitte April und um eine Woche ſpäter als der Purpurreiher in ſeiner Sommerherberge einzutreffen; gewiß iſt, daß er ſeine Brutgeſchäfte wenigſtens um ſo viel ſpäter beginnt.“

Einen Horſt, den A. von Homeyer im Fahre 1863 in der Nähe von Glogau aufzufinden das Glü> hatte, und das Betragen des Edelreihers ſchildert er wie folgt: „Der Horſt ſißt in einer niht ganz ſtarken Kiefer am Rande der eigentlichen Reiheranſiedelungen, iſt nur dürftig gebaut, faſt dur<ſihtig und jedenfalls in dieſem Jahre neu dur die Edelreiher ſelbſt aufgeführt. Der nächſte Horſt des Fiſchreihers iſt 8 Schritt davon entfernt und um ſo viel höher geſtellt, daß deſſen Fnhaber bequem den Edelreiherhorſt einſehen kann. Leßterer ſteht ganz oben in einer ſtarken Gabelung, nur von 1!/2—2 m langen Äſten ſeitwärts überragt, während gerade über ihm alles frei iſt. Auf demſelben Baume, 5 m weiter unten, ſteht au ein Horſt des Turmfalken. Der Edelreiher richtet fih erſt nah mehrmaligem Klopfen auf. Sein ſ{hlanker Hals iſt lang aufwärts geſtre>t, ſein Schnabel wird wageret gehalten, der Körper bewegt ſih niht, der Kopf indes dreht ſih re<ts und links. J<h klopfe noh einmal. Da fliegt der Vogel ab, verſhwindet auf 3 Minuten und kehrt zurü>k, umkreiſt zweimal den Horſt baumhoch und ſett ſich auf eine benachbarte Kiefer. Um nicht das Brutgeſchäft zu ſtören, gehen wir nah dem Forſthauſe zurü>. Das heutige Verhalten des Vogels läßt mit Beſtimmtheit annehmen, daß er ſtark bebrütete Eier habe.“ Homeyer findet am 15. Juni, daß das Weibchen ſehr feſt brütet und ſi<h nur auf wenige Augenbli>e erhebt, wenn geklopft wird, bemerkt am 28. Funi, daß die Jungen ausgekommen und wohl ſ{hon einige Tage alt ſind, au< lebhaft, ähnli<h wie junge Fiſchreiher, aber reiner und minder rauh „fed fe> te>“ ſchreien, und verfolgt ihr Wachstum bis zum 10. Juli, um welche Zeit der lebte von den jungen Edelreihern auf dem äußerſten Neſtrande ſteht, der zweite ſih im