Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

492 Zehnte Ordnung: Stoßvögel; vierie Familie: Reiher.

ſeiner Nahrung, und deshalb ſieht man ihn regelmäßig auf dem Nücken der Herdentiere und Elefanten ſiven, um hier ſeiner Jagd obzuliegen. Das Vieh lernt ihn bald als Wohlthäter ſchäßen und geſtattet ihm, ebenſogut wie dem Madenhacker, jede Zudringlichkeit welche er ſi herausnimmt. Fm Oſtſudan wurde mir von vielen Leuten erzählt, daß man oft bis 20 dieſer kleinen Reiher auf dem Rücken eines Elefanten ſehen könne. Schon ein einziger Büffel trägt oft 8—10 der blendenden Geſtalten, und man muß ſagen, daß dieſe ihm zu einem prächtigen Shmu>e werden. Mit den Eingeborenen des Landes lebt der Kuhreiher in den traulihſten Verhältniſſen; er weiß, daß ihn der Menſch überall gern ſieht und niemals behelligt, und treibt ſih deshalb ſo unbeſorgt zwiſchen den im Felde arbeitenden Bauern umher, als ob er ein Haustier wäre. Sogar die Hunde laſſen ihn gewähren, ſelbſt wenn es ihm einfallen ſollte, auh ihr Fell nah Ze>ken zu unterſuchen. Neben dieſer «Fagd auf Shmaroßer beſchäftigt er ſi<h übrigens auh mit dem Fange anderer Kerbtiere oder nimmt einen kleinen Lur< und ein kleines Fiſchchen auf; Kerbtiere bleiben aber ſeine Hauptnahrung.

Die Brutzeit beginnt in Ägypten mit dem Steigen des Nils, im Oſtſudan etwas früher. Die Neſter ſtehen auf Bäumen, zuweilen auf einer einzelnen Mimoſe oder Syfkomore, die jebt alle Paare der Umgegend vereinigt. Db eine ſolche Siedelung fern von dem menſhlichen Getriebe oder inmitten der Dörfer angelegt wird, bleibt dem mit Menſchen vertrauten Neiher gleichgültig; er weiß, daß er die Gaſtfreundſchaft der Eingeborenen genießt und als „„geſegneter Vogel“ unter dem Schuße der Bevölkerung ſteht. Das Gelege zählt 3—5 längliche Eier von 43 mm Längs-, 32 mm Querdurchmeſſer und ſpangrüner Färbung.

Gefangene Kuhreiher gewöhnen ſih ſchon am erſten Tage an den Verluſt ihrer Freiheit und thun, als wären ſie im Zimmer groß geworden, fangen Fliegen und andere Kerfe weg, nehmen die ihnen vorgeworfene Nahrung auf und können {hon nah ein paar Tagen ſo weit gezähmt werden, daß ſie das Futter aus der Hand des Pflegers freſſen. Unter allen Neihern, die ih kenne, ſind ſie die niedlihſten und liebenswürdigſten. Leider ſieht man ſie bei uns ſehr ſelten.

Ein Übergangsglied zwiſchen den Tag- und Nachtreihern iſt der niedliche Rallenreiher, Shopf- oder Mähnenreiher (Ardea comata, ralloides, castanea, pumila, senegalensìs, grisea-alba, erythropus, squajotta und marsigli, Ardeola comata und ralloides, Buphus ralloides, comatus, castaneus und illyricus, Botaurus minor, Cancrophagus rufus), deſſen Merfmale in dem verhältnismäßig kräftigen Schnabel und einem mähnigen, vom Dberfopfe bis zum Naen reichenden Schopfe gefunden werden. Die Federn, die leßzteren bilden, find roſtgelblihweiß, ſeitli<h ſ{<warzbraun geſäumt, die Kopfſeiten und der Hals hell roſtgelb, die Mantel- und die haarigen Schulterde>en rötlich iſabell, alle übrigen Teile weiß. Das Auge iſt hellgelb, im Frühjahre hellblau, auf dem Firſte und an der Spitze ſ{hwarz, der Fuß grünlichgelb. Das Gefieder des jungen Vogels iſ weit dunkler, auf dem Nü>ken dunkel rötlichbraun, im übrigen roſtbraun, auf dem Bürzel und der Unterſeite weiß wie die Handſchwingen und Steuerfedern. Die Länge beträgt 50, die Breite 80, die Fittichlänge 22, die Schwanzlänge 9 cm.

Südeuropa, einzelne Länder Weſtaſiens und ganz Afrika bilden das Verbreitungsgebiet des Nallenreihers. Fn Deutſchland erſcheint er ſelten, hat aber einmal in der Nähe von Bremen gebrütet; nah Holland und England hat er ſih verflogen. Als regelmäßiger Brutvogel tritt ex in den Donautiefländern, von Mittelungarn an ſüdli<h und öſtlich, und in allen Mittelmeerländern auf. Von hier aus durhwandert er ganz Afrika, erſcheint in den Nilländern einzeln bereits im Fuli und verweilt hier ebenſo bis Ende Avril, obwohl er um dieſe Zeit auh ſhon in Mittelungarn geſehen wird und no<h im September daſelbſt häufig iſt.