Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

494 Zehnte Ordnung: Stoßvögel; vierte Familie: Reiher.

der Bruſt ſchwarz gefle>t; die Schwingen und Steuerfedern ſind ebenfalls ſ{warz. Der Augenſtern iſt gelb, der Schnabel auf dem Firſte braun, im übrigen blaßgelb, der Fuß grüngelb. Beim Weibchen ſind die dunkleren Teile braunſchwarz, die helleren blaßgelb; bei den Jungen Oberkopf und Na>ken roſtrotbraun, dunkler in die Länge gefle>t die Unterteile roſtgelb und braun längsgefle>t, Bauch und Hinterſhwanzde>federn weiß.

Vom mittleren Shweden und den Orkney-Jnſeln an nah Süden hin kommt die Zwergrohrdommel in ganz Curopa als Brut- oder Zugvogel vor. Jn Holland, Öſterreich, Ungarn, der Türkei und Griechenland iſt ſie gemein, in Deutſchland, Südfrankreich und Spanien wenigſtens nicht ſelten. Sie erſcheint im Norden Ende April und verſchwindet bereits im September wieder, hält ſih während ihres Zuges längere Zeit in Griechenland auf und überwintert im Norden Afrikas, hier na<h und nach bis in die Gleicherländer, ſelbſt bis zum Süden Afrikas vorrückend. Zu ihrem Sommerſtande wählt ſie rohrreiche oder doch mit Büſchen und hohen Sumpſpflanzen beſtandene Brüche und Gewäſſer überhaupt, und demgemäß findet ſie in Holland und Ungarn oder in Griechenland ungleih günſtigere Wohnorte als bei uns zu Lande. Aufenthaltsort und Lebensweiſe verbergen ſie den Blicken, und nur der laute Nuf des Männchens während der Paarungszeit verrät ſie den Kundigen. Nicht ſelten bewohnt ſie kleine, diht mit Nöhricht oder Gebüſch bewachſene Teiche in unmittelbarer Nähe der Dörfer, ohne daß man davon eine Ahnung hat.

Während des Tages ſitt ſie ſo verſte>t und regungslos im Röhricht oder auf einem Baumzweige, daß der Unkundige, auh wenn er ſie ſieht, gewöhnlih getäuſcht wird. Sie verſteht es meiſterhaft, ſtets ſolche Stellen auszuſuchen, deren Umgebung der Färbung ihres Kleides entſpricht, und treibt dabei gefliſſentlich Verſte>enſpielen, indem ſie täuſchende, oft höchſt ſonderbare Stellungen annimmt. Wenn ſie ruhig auf dem Boden ſteht, zieht ſie den Hals tief herab und erſcheint dann ſehr niedrig. Jm Gehen legt ſie den Kopf etwas vor und ſchreitet nun, unter beſtändigem Schwanzwippen, faſt na< Art einer Nalle, zierlih und hurtig ihres Weges fort. Sie fliegt verhältnismäßig ſ{hnell, auh ſehr gewandt, beim Aufſtehen flattert, beim Niederlaſſen \hwebt ſie oder fällt ſogleich ein. Außerordentliche Geſchi>lichkeit bekundet ſie im Klettern. Bei Gefahr ſteigt ſie augenbli>li< an den RNohrhalmen in die Höhe und bewegt ſi<h hier mit einer Fertigkeit, die wahrhaft in Erſtaunen ſet. Gloger bot ihr, um Verſuche anzuſtellen, dünne und vollſtändig glatte Spazierſtö>te, die am oberen Ende nicht di>er als ein Rohrhalm waren, als Sißſtangen dar; ſie fand dieſe ganz behaglich, gleichviel ob der Sto> in wagerechter oder in f<räger Lage gehalten wurde. „Nun faßte ih den Sto> mit der Rohrdommel darauf am oberen Ende, ließ ihn mehr und mehr ſinken und hielt ihn ſ{<ließli< bloß am Knopfe, ſo daß er völlig ſenkrecht niederhing: ihr blieb das völlig gleich; ſelbſt wenn ih den ſo hängenden, ganz dünnen Sto> dann an dem kugelförmigen, glatten Metallknopſe hin und her ſ{<hwenkte, glitt der kleine, wunderliche Klettermeiſter niht ab, ſondern hielt ſich immer noch feſt genug. In ſol<hem Falle ſtand die Zwergrohrdommel dann auf ihren mehr oder weniger dicht aneinander gehaltenen Füßen no< vollkommen ſenkreht, obgleich ſie die Zehengelenke jelbſtverſtändlich ungewöhnlich biegen mußte.“

Jn ihrem Rohrwalde fühlt ſie ſi<h vollkommen ſicher und läßt ſi< kaum mit Gewalt daraus vertreiben. Sie ſ{läft ſehr leiſe und bemerkt den Ruheſtörer viel eher als dieſer fie, läuft alſo, wenn ihr Gefahr droht, auf dem Grunde weg oder, von einem Rohrſtengel zum anderen kletternd, weiter. Steinwürſe, Schlagen mit Stangen auf das Rohr und anderer Lärm von außen bringen ſie, laut Naumann, nie zum Auffliegen. Nur abends fommt ſie freiwillig hervor und fliegt dann, wo ſie ſih ſicher glaubt, niedrig auh über freies Waſſer hinweg, anderen Rohrbüſchen zu oder läßt ſih an kahlen Ufern nieder. „Obwohl ſie ſih“/ ſchildert Naumann, „überall lebhafter und gemütlicher zeigt als die meiſten