Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

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Zwergrohrdommel: Verbreitung. Lebenêweiſe. Fortpflanzung. Gefangenleben. 495

anderen Reiher, ſo würde man ſih doch täuſchen, wenn man ihrem ſ{<lauen Blicke Vertrauen ſchenken wollte; denn ſie iſt ebenſo heimtü>iſ< und mutig wie jene. Kommt ihr, ohne daß ſie au8weichen kann, ein Geſchöpf zu nahe, ſo erhält es unverſehens dur kräftiges und ungemein raſches Vorſchnellen des Halſes die heftigſten Schnabelſtöße, die gewöhnlih nah den Augen, beim Menſchen auh nah den Händen oder anderen entblößten Teilen gerichtet ſind und leiht gefährlih werden können. So \{<nell der Hals dabei wie aus einer Scheide fährt, ebenſo {nell zieht er ſih wieder in die vorige Lage zurü>: beides iſt das Werk eines Augenbli>es.“ Jn großer Bedrängnis verteidigt ſie ſih bis zum lebten Atemzuge. Mit anderen Vögeln verkehrt ſie nicht, duldet niht einmal gern andere ihrer Art in demſelben Teiche. Der Paarungslaut des Männchens iſt ein tiefer, gedämpfter Baßton, der dur die Silbe „pumm“ oder „pumb“ wiedergegeben werden kann und an einen lauten und tiefen Unkenruf erinnert. Dieſer Laut wird zwei- bis dreimal nacheinander wiederholt; dann folgt eine längere Pauſe, und das Brüllen beginnt wieder; aber niemals läßt der Vogel einen Laut vernehmen, wenn er Menſchen in der Nähe weiß. Fn der Angſt ſtoßen beide Geſhlehter ein quakendes „Gäth gäth“ aus.

Kleine Fiſche und Lurche bilden wohl die Hauptnahrung der Zwergrohrdommel; außerdem fängt ſie Würmer und Kerbtiere in allen Lebenszuſtänden. Junge Nohrſänger oder andere ungeſchi>te Neſtvögel, die ihr im Sumpfe aufſtoßen, werden wahrſcheinlich ebenfalls von ihr gemordet. Sie jagt nur des Nachts, am lebhafteſten in der Abend- und Morgendämmerung.

Das große, lo>ere und unkünſtliche, aber doh dauerhafte Neſt, das aus tro>denem Nohre, Schilfblättern und Waſſerbinſen erbaut und mit Vinſen und Gras ausgekleidet wird, ſteht gewöhnlih auf alten Rohrſtoppeln über dem Waſſer, ſeltener auf dem Erdboden und nur ausnahmsweiſe auf dem Waſſer ſelbſt. Anfang Juni, in ungünſtigen Fahren noh 14 Tage ſpäter, findet man in ihm 3—4, zuweilen auc 5 oder 6 kleine, 32 mm lange, 25 mm dice, ſhwachſchalige, aber glatte, glanzloſe Eier von weißer, ins Vläulichgrüne ſpielender Färbung, aus welchen nah ungefähr 16tägiger Bebrütung die in roſtgelbe Daunen gekleideten Jungen ſchlüpfen. Ungeſtört verweilen ſie bis zum Flüggewerden im Neſte: geſchre>t, flüchten ſie ſi<h an Nohrſtengeln in die Höhe und zwiſchen dieſen weiter. „Nähert man ſi dem Neſte“, berichtet Naumann, „ſo wird das Weibchen, ganz gegen ſeine ſonſtige Gewohnheit, ſogleih ſihtbar, kommt nahe herbei, an den Rohrſtengeln und anderen Pflanzen auf: und abſteigend, ſchreit kläglich .gäth gäth“, wippt dazu mit dem Schwanze wie eine Ralle oder wie ein Rohrhuhn und zeigt die größte Angſt und Verzweiflung. Das Männchen hält ſih entfernter und beobachtet den Nuheſtörer mehr aus dem Verborgenen.“

Gefangene gehen ohne Umſtände an das ihnen vorgeſeßte Fiſchfutter, gewähren ihrem Pfleger viel Vergnügen, halten ſi< au<, wenn man ihnen einen größeren Raum zur Verfügung ſtellt, recht gut. „Hält man“, ſchildert mein Bruder Reinhold, „mehrere in einem Käfige, ſo werden ſie ergößlih dur die Gleihmäßigkeit, mit welcher ſie zuweilen, wie auf Befehl, alle genau dieſelben Stellungen annehmen und in ihnen gewiſſe Zeit verharren. Luſtig iſt es, wenn man zu ihnen in den Käfig tritt: ſie ſtellen ſi< dann alle aufreht wie Pfähle; man kommt dicht an ſie heran: ſie rühren ſi< niht. Aber das kluge Auge folgt jeder Bewegung, und der Hals dreht ſih ſ{hraubenförmig um ſeine eigne Achſe. Dabei ſehen die Tierchen ſo unſchuldig und gemütli<h aus, daß man meinen möchte, man habe es mit einem der gutmütigſten Geſchöpfe unter der Sonne zu thun.“ Sie werden einigermaßen zahm, zutraulih jedo< nie und behalten ihr tü>iſches Weſen ſtets bei.

Die Jagd iſt nicht leiht, weil der Vogel ſie geſchi>t zu vereiteln weiß. Naumann erzählt in ergößliher Weiſe, wie eine erkundete Zwergrolrdommel, die in einem kleinen Teiche