Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

516 Zehnte Ordnung: Stoßvögel; ſechſte Familie: Störche,

iſt. Er iſt wohl etwas gewandter und zierlicher, demgemäß auch anmutiger, und bei weitem vorſichtiger und ſcheuer als der Hausſtorh, ſonſt aber in ſeinem Thun und Treiben ihm vollſtändig gleich. Ebenſo räuberiſch wie der leßtere, verſchont auch er nichts Lebendiges, das ihm zur Nahrung dienen kann, ſtellt jedo<h weit eifriger und erfolgreicher als jener allen Süßwaſſerfiſchen nah und wird beſonders deshalb hier und da entſchieden \{ädli<.

Der Horſt, ein großer, aber plumper, dem des Hausſtorhes ähnlicher, gewöhnlich aber kleinerer Bau, ſteht entweder auf dürren Wipfelzweigen oder in der Gabelung dier Äſte, etwa in der Stammmitte alter, ſtarker Bäume. Bei uns zu Lande niſtet der Schwarzſtorch regelmäßig einzeln; in Ungarn bildet er auh förmliche Siedelungen, niſtet wenigſtens zu 20 und mehr Paaren in demſelben, niht eben großen Feldgehölze, ein Paar freilih immer noch in einer Entfernung von 100—600 Schritt von dem anderen. Die 2—5, am häufigſten wohl 4 Eier, die um Mitte April, ſelten früher, vollzählig zu ſein pflegen, ſind kleiner als die unſeres Hausſtorches, dur<hſchnittli<h nur 65 mm lang und 48 mm di>, jenen im übrigen jedo< ſehr ähnlih. Die Brutzeit beträgt ungefähr 4 volle Wochen; das Brutgeſhäft verläuft in derſelben Weiſe wie bei dem Verwandten. Ende Funi oder Anfang Juli entfliegen die Jungen dem Horſte.

Dex Hausſtor<h Jnnerafrikas, der Abdimſtor<h, der Simbil der Sudaneſen (Ciconia abdimii, Sphenorhynchus abdimii, Abdimia sphenorhyncha), iſt dem Shwarzſtorche ungemein ähnlich, jedo<h beträchtli<h kleiner, auf Kopf und Hals ſhwarz, mit Purpurglanz, auf dem Mantel, einſchließlih der Schwingen und der Steuerfedern, ſ{warz, grün glänzend, auf der Unterſeite weiß. Das Auge iſt braun, die na>te Stelle darum blau, das na>te Geſicht und die Kehle rot, der Schnabel grünlich, an der Spiße rot, der Fuß braungrau, an den Gelenken blaßrot. Die Länge beträgt 75, die Breite 160, die Fittichlänge 45, die Schwanzlänge 19 cm.

Von Dongola an bis nah Südafrika bewohnt dieſer Storch geeignete Örtlichkeiten Afrikas in erheblicher Anzahl, während der Brutzeit aber nur die Dörfer; jedoh niſtet er ſelten auf den Häuſern ſelbſt, vielmehr regelmäßig auf bena<hbarten Väumen, im Süden hauptſächlich auf Mimoſen, und zwar in Geſellſchaften, die zuweilen förmliche Anſiedelungen bilden, da man bis 30 Neſter auf einem Baume finden kann. Die Eier, die in Form und Größe vielfah abwechſeln, ſind kleiner als die unſeres Stores, nur 55 mm lang und 40 mm di, ihnen aber ähnlich, und ſehen unausgeblaſen lichtblau aus. Für den mit den Sitten des Volkes nicht vertrauten Reiſenden iſt es ſehr ſhwer, ſolche Eier zu erhalten, weil die Schädigung des heiligen Vogels als ein Verbrechen angeſehen wird, das die ganze Bevölkerung eines Dorfes in Aufruhr bringt. Doch gibt es ein einfaches Mittel, das Volk zu beruhigen und — zu bethören, indem man vorgibt, daß man die Eier zur Bereitung heilſamer Arzneien gebrauchen wolle und gebrauchen müſſe, da ſelbſtverſtändlih nur die eines heiligen Vogels erſprießliche Wirkſamkeit äußern könnten. Dieſes leuchtet ein, und die Bevölkerung iſt dem Forſcher dann wohl ſelbſt behilflich.

Hinſichtlich ſeiner Lebensweiſe unterſcheidet ſih der Simbil ſo wenig von unſerem Haustorche, daß ſeine Lebensſchilderung ſih auf wenige Worte beſchränken darf. Auch er gehört zu den Wandervögeln, erſcheint kurz vor der Regenzeit, brütet und verläßt das Land wieder mit ſeinen im Oktober flügge gewordenen Jungen. Sein Erſcheinen wird von dem Dörfler mit Freude begrüßt, ſein Verſhwinden mit Kummer begleitet. Während ſeines Aufenthaltes im Lande verkehrt er traulih mit dem Menſchen, klappert ihm förmlih Grüße zu und erfennt vollſtändig die ihm gewährte Gaſtfreundſchaft. Seine Nahrung, vorzugsweiſe Heuſchre>en, laut von Heuglin ebenſo andere Kerbtiere, Skorpione, Taranteln, Würmer, Schue>en, Fröſche und kleine Kriechtiere, ſucht er in der Steppe zuſammen, erſcheint daher