Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

926 Zehnte Ordnung: Stoßvögel; ſechſte Familie: Störche.

An die Zbiſſe erinnern die Nimmexſatte (Vantalus). Jhr Leib iſ kräftig, der Hals mittellang, der Kopf ziemlich groß, der Schnabel lang, rundlih und an den ſcharfen Schneiden deutlich eingezogen, an der Wurzel dier als an der Spiße, hier etwas gebogen, der Lauf hoh und kräftig, der Fuß langzehig, die Verbindungshaut zwiſchen den Zehen breit, der Flügel lang und breit, unter den Schwingen die zweite die längſte, der Schwanz kurz, das Gefieder rei, aber kleinfederig, bei einzelnen Arten zart und ſ{hön gefärbt. Die Jungen tragen ein von den Alten verſchiedenes Kleid.

Der Nimmerſatt (TVantalus ibis, rhodinopterus und longirostris, Ibis can dida), Vertreter einer gleihnamigen Gattung (Tantalus), iſt weiß, auf dem Rüen roſenrot überflogen, auf den Flügelde>en und Schulterfedern durch einen vor der weißen Spiße ſtehenden roſenroten oder purpurfarbenen, ſ{hmal dunkler geſäumten Querfle>en gezeichnet; die Shwung- und Steuerfedern ſind glänzend grünſchwarz, die unteren Flügelde>federn den oberen ähnli, aber no< prachtvoller gefärbt. Das Auge gelblihweiß, der Schnabel wach8gelb, der Fuß blaßrot, das na>te Geſicht zinnoberrot. Die jungen Vögel tragen ein beſcheidenes Gewand, das auf Hals und Mantel aſchgrau, im übrigen gelblihgrau ausſieht. Die Länge beträgt 90—104, die Breite 160 —170, die Fittichlänge 47—50, die Shwanzlänge etwa 15 cm.

Mittelaſrika iſt die Heimat des Nimmerſattes. Vom 18. Grade ſüdlicher Breite an hat man ihn an allen dur<forſhten Gewäſſern des Fnneren, einzeln auh nahe an den Seeküſten gefunden. Fn Ägypten mag zuweilen einer und der andere vorkommen; ſicherlich aber gehört dies zu deu Seltenheiten: ih erinnere mi niht, den Vogel nördlih von Dongola geſunden zu haben. Bei Chartum iſt er nicht ſelten, am Blauen und Weißen Nil ſtellenweiſe häufig. Er erſcheint hier ungefähr um dieſelbe Zeit, die den dortigen Hausſtor<h und den JZbis ins Land führt, verweilt während der Regenzeit und verſchwindet nah ihr bis auf wenige Nachzügler wieder. Jm Auguſt trägt ex ſein Prachtkleid; demnach iſt anzunehmen, daß die Brutzeit in den September fällt.

Soviel ih mich erinnere, habe ih ihn immer nur im Waſſer oder doch in deſſen Nähe zefunden, niemals fo weit von den Flüſſen entfernt wie die Störche oder auch die Kraniche. Er ſcheint ſih ebenſo gern an den kahlen Uferſtellen der Ströme wie in den grasreichen Negenteichen aufzuhalten. Fn den Morgen- und Abendſtunden betreibt er ſeine Jagd, die dem Kleingetier ohne Ausnahme, alſo au<h Säugetieren und jungen Vögeln zu gelten ſcheint, obgleich Fiſche, Waſſerlurhe und Würmer wohl die Hauptnahrung bilden mögen; mittags ſicht man ihn, und gewöhnlich in zahlreihen Scharen, auf Sandinſeln im Strome oder im ſeihten Waſſer ſtehen, au<h auf Väumen ausruhen. Jn ſeinem Gange und Fluge ähnelt er unſerem Storche derartig, daß ih einen eigentlihen Unterſchied der Bewegung von beiden niht anzugeben weiß. Doch nimmt ex ſi fliegend ſchöner aus als jener, weil ſeine prachtvolle Flügelfärbung zur Geltung kommt. Unter anderem Sumpfgeflügel treibt er ſi zwar ebenfalls umher, bildet aber immer mehr oder weniger abgeſonderte Geſellſhaften inmitten des Gewimmels und behauptet, namentli<h wenn er ruht, ſeinen eignen Plat.

Über die Fortpflanzung habe ich leider eigne Beobachtungen niht anſtellen können; auch ſind mir Mitteilungen anderer Reiſender niht bekannt. Ein in Gefangenſchaft gelegtes Ei iſt, laut Nehrkorn, 68 mm lang, 45 mm di>, länglich eiförmig, ſtarkſchalig, wenig glänzend und auf weißem Grunde wolkig gelb gefle>t. Ferdon berichtet, daß der Nimmerſatt regelmäßig in Geſellſchaften auf hohen Bäumen niſte, einen großen Horſt errichte und 3—4 auf weißem Grunde {wach gelblih gefle>te Eier lege.

Jn der Neuzeit ſind mehrfach junge Nimmerſatte von Weſtafrika her lebend nah Europa gelangt. Fhre Haltung verurſacht keinerlei Schwierigkeiten, da ſie mit demſelben Futter