Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

618 Zehnte Ordnung: Stoßvögel; ſe<hzehnte Familie: Entenvögel.

ziemli<h Hohen Haufen von ſtrohartigem Graſe und anderen Pflanzenſtoffen zuſammen. Das Gelege beſteht aus 3—9 Eiern von etwa 85 mm Längs- und 57 mm Querdurhmeſſer: Gefangene legen deren 10—11.

lah 28tägiger Bebrütung entſhlüpfen die daunigen Jungen dem Eie, werden noh 1 oder 2 Tage im Neſte zurückgehalten und folgen dann ihren Eltern ins Waſſer, kehren aber gewöhnlih gegen Abend zum Lande zurü>, um hier ſi< auszuruhen und zu ſonnen, und verbringen die Nacht unter dem Gefieder der Mutter. Bei Gefahr verteidigen beide Eltern ihre Brut mit bewunderungswürdigem Mute: Audubon kannte ein Paar, das mehrere Fahre nacheinander auf demſelben Teiche brütete und infolge der vielen Beſuche unſeres Forſchers zuleßt ſo dreiſt wurde, daß dieſer ſih bis auf wenige Schritt nähern konnte. Der Gänſerich erhob ſi zu ſeiner vollen Größe, fuhr auh wohl auf den Eindringling los, um ihn zurü>zuſchre>en, und verſeßte ihm einmal im Fliegen einen heftigen Schlag auf den Arm. Nach ſolchen Angriffen kehrte er jedesmal ſelbſtbewußt zum Neſte zurü> und verſicherte die Gattin dur<h Beugen des Kopfes von ſeiner Willfährigkeit ſie ferner zu verteidigen. Um das mutvolle Tier genauer kennen zu lernen, beſ<hloß Audubon, es zu fangen. Zu dieſem Zwe>e brachte er Körner mit und ſtreute dieſe in der Nähe des Neſtes aus. Nach einigen Tagen fraßen beide Gänſe von den Körnern, ſelbſt angeſichts des Forſchers, und ſ<hließli<h gewöhnten ſie ſi<h ſo an den Beſucher, daß ſie lezterem erlaubten, ſih bis auf wenige Meter dem Neſte zu nähern; doch duldeten ſie nie, daß er die Eier anrührte, und wenn er dies verſuchte, eilte das Männchen wütend auf ihn zu und biß ihn heftig in die Finger. Als die Jungen dem Ausſchlüpfen nahe waren, köderte er ein großes Neß mit Korn: der Gänſerih kam, fraß und wurde gefangen; als am nächſten Morgen die Gans ihre ausgeſhlüpften Jungen dem Fluſſe zuführen wollte, fing Audubon die leßteren ſowie die Mutter ein, ſo daß er alfo die Geſellſchaft in ſeine Gewalt gebracht hatte. Die Familie wurde nun mit gelähmten Flügeln in einen großen Garten geſeßt; die Eltern waren aber ſo eingeſhüchtert, daß ihr Pfleger um die Jungen fürchten mußte. Doch gelang es ihm, ſie nah und na< an die Larven von Heuſchre>en, ihr Lieblingsfutter, eingeweihtes Gerſtenſchrot und dergleichen zu gewöhnen und die Fungen großzuziehen. ‘ Bei Eintritt ſtrenger Kälte im Dezember beobachtete Audubon, daß der Gänſerich oft ſeine Flügel breitete und dabei ein lautes Geſchrei ausſtieß. Auf dieſes hin antworteten alle Glieder der Familie, zuerſt das Weibchen, dann die Jungen, die ganze Geſellſhaft rannte hierauf, ſo weit ſie konnte, in ſüdliher Richtung dur<h den Garten und verſuchte aufzufliegen. Drei Jahre lang blieben die Vögel im Beſiße unſeres Gewährsmannes, und mehrere von den Jungen, nicht aber die Alten, pflanzten ſih in der Gefangenſchaft fort.

Gegenwärtig ſieht man gefangene Schwanengänſe auf allen größeren Bauernhöfen Nordamerikas. Man hat erkannt, daß dieſe Art no< einen höheren Nußen gewährt als die Hausgans, und ſie zum wirklichen Haustiere gemacht. Sie wird jeßt ganz in derſelben Weiſe gehalten wie ihre Verwandte. Viele paaren ſih mit anderen Gänſen, insbeſondere mit der Hausgans, und die Nachkommen aus ſolchen Kreuzungen follen ſich beſonders dadur auszeihnen, daß ſie leichter fett werden als ihre beiden Stammarten. Fn unſeren Tiergärten züchtet man ſie ſeit Fahren mit beſtem Erfolge.

Fndianer und Weiße jagen ſie mit gleichem Eifer, fangen ſie mit Hilfe von Lo>kgänſen zu Hunderten, ſalzen oder räuchern ihr Fleiſ<h und nüßen Federn und Daunen, die an Güte die unſerer Hausgans bei weitem übertreffen. :

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