Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

644 Zehnte Ordnung: Stoßvögel; ſe<hzehnte Familie: Entenvögel.

Die Nahrung der Löffelente iſt uns noh niht genügend bekannt. Wir wiſſen, daß ſie ſih von allerlei Kleingewürm, Kerbtieren und Kerbtierlarven, Fiſch: und Froſchlaich, kleinerer Fiſchbrut, Süßwaſſerſchne>en nährt und auch zarte Pflanzenſtoffe nicht verſhmäht; aber wir erfahren an den gefangenen, daß ſie ſih ſ{<werer halten als alle übrigen Enten und oft auh bei dem reichli<ſten Futter verkümmern und zu Grunde gehen, ohne daß wir bis jeßt ergründen konnten, welcher Nahrungsſtoff ihnen durch die Gefangenſchaft entzogen wird. Daß es ihnen nur an einer Lieblingsnahrung, die zu ihrem Wohlbefinden unumgänglih notwendig ſein muß, fehlen fann, unterliegt keinem Zweifel. Nach meinen Erfahrungen halten ſich die Männchen beſſer als die Weibchen, von welchen gewöhnlih mehr als die Hälfte bald nach ihrer Gefangenſchaft erliegt. Wahrſcheinlich finden ſie in der Freiheit eine Menge von kleinen, zarten Geſchöpfen ſo hinfälliger Art, daß wir ſie in dem Magen der getöteten niht mehr beſtimmen können; wenigſtens ſieht man ſie viel anhaltender als die übrigen flüſſigen Shlamm durhſhnattern oder ſ{hwimmende Waſſerpflanzen in ähnlicher Weiſe durchſuchen. Getreide ſcheinen ſie immer nur mit Widerſtreben zu genießen und tieriſche Nahrung der pflanzlichen vorzuziehen. Mehr als andere Enten ſind ſie während der Nacht mit Aufſuchen ihrer Nahrung beſchäftigt. Bei Tage ruhen ſie gern auf ſandigen Stellen des Ufers, entweder auf einem Beine ſtehend oder auf dem Bauche liegend, ſchlafen auch hauptſächli< in den Mittagsſtunden; mit Eintritt der Dämmerung aber werden ſie rege und bleiben faſt bis zum nächſten Morgen in Thätigkeit.

vn Süd- und Mitteldeutſhland zählt die Löffelente unter die ſelteneren Brutvögel; im Norden unſeres Vaterlandes niſtet ſie öfter, wenn auch nict ſo häufig wie in Holland. Sie wählt zu dieſem Zwe>e große, freie Brüche, ſeßt ſih auf ihnen ſofort nah ihrer Ankunft feſt und beginnt nun bald die Vorbereitungen zum Neſtbaue. „Auf den freieren und tieferen Stellen des Waſſers“, ſagt Naumann, „ſieht man die ſehr verliebten Männchen um die Weibchen buhlen und ſi dabei tüchtig herumzauſen, weil ſi<h gewöhnlich mehrere um eine Geliebte bewerben, die dann oft die Flucht ergreift, nun hoh dur die Luft von ſämtlichen Bewerbern verfolgt und ſo lange umhergejagt wird, bis fie ſi< dem einen ergibt und ſih mit ihm abſondert, was aber erſt geſchieht, wenn ſie, müde gejagt, ſih wieder auf das Waſſer geſtürzt hat.“ Das Umherjagen endet, nachdem alle ſih gepaart haben: doch wird noch jedes Weibchen, wenn es einmal vom Neſte geht, von allen Männchen, deren Gatten durch das Brüten abgehalten ſind, mit Liebesanträgen verfolgt. „Mit der ehelichen Treue“, fährt Naumann fort, „iſt es auch bei dieſen Enten niht weit her. Wir ſahen einige Male ein Löffelentenmännchen ſih unter die ein Weibchen ihrer Art verfolgenden Wildenteriche miſchen und es neben dieſen ſo hißig verfolgen, als wenn alle nux Löffelenten geweſen wären.“ An gefangenen habe i< ſol<he Verirrungen häufig beobachtet; die Männchen zeigten ſi< namentli<h den Weibchen der Spießente zugethan. Das Neſt ſteht auf einer mit Waſſer oder Moraſt umgebenen Schilf: oder Seggenkufe, im Schilfe eines Grabenufers, unter Strauchwerk 2c. näher oder weiter vom Waſſer entfernt, man<hmal fogar auf anſtoßenden Feldern im Getreide, ſtets möglichſt gut verſte>t, wird aus tro>enen Schilf, Binſen-, Gras- und anderen Pflanzenteilen ſ{<le<t zuſammengeſchichtet, tief ausgemuldet und ſpäter ebenfalls mit Daunen verſehen. Das Gelege bilden 7—14 eiförmige, feintörnige, glattſ<halige, glanzloſe, trüb roſtgelblihe oder grünlihweiße Eier von etwa 51 mm Längs3- und 37 mm Querdurchmeſſer. Die Mutter brütet mit warmer Hingebung, fann aber Störungen beim Brüten niht vertragen und verläßt im Anfange der Brutzeit, wenn ſie öfters geſtört wurde, die Eier regelmäßig. Nah Naumann währt die Brutzeit 22—28 Zage. Das Wachstum der Jungen iſt in ungefähr 4 Wochen vollendet. Fhr Wildbret iſt ausgezeihnet, aber auh das dex alten Vögel re<t gut.

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