Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

670 Zehnte Ordnung: Stoßvögel; ſehzehnte Familie: Entenvögel.

Wohngebiete. Auf dem Lande watſchelt er ſ<werfällig, und dur die Luft fliegt er zwar ziemlih raſh, aber doh nur mit Anſtrengung, während er ſih auf und unter dem Waſſer mit gleicher Leichtigkeit bewegt. Bei ruhigem Schwimmen rudert er mit kräftigen, jedoch langſam ſich folgenden Stößen ſeiner breiten Füße gleihmäßig und ziemlih raſh ſeines Weges fort; wenn er aber einen anderen ſeiner Art, der eben Beute gemacht hat und dieſe verſhlingen will, neidiſch verfolgt, jagt er ſo heftig auf der Oberfläche des Waſſers fort, daß er jeden anderen mir bekannten Shwimmvogel überbietet und ein ſtarkes Nauſchen der Wellen hervorbringt. Sein Eintauchen ins Waſſer geſchieht mit größter Leichtigkeit, faſt ohne Geräuſch, und ſein Schwimmen in der Tiefe ſo ſchnell, daß man cher cinen Fiſch als einen Vogel dahinſchießen zu ſchen wähnt. Zuweilen bleibt er gegen 2 Minuten unter Waſſer, gewöhnlih etwas über 1 Minute. Jn dieſer Zeit hat er fiſhend, alſo unter Umſtänden Kreuz: und Querzüge ausführend, meiſtens gegen 100 Schritt zurü>gelegt. Seine Stimme iſt ein ſonderbares Knarren, das meiner Anſicht na<h am beſten mit dem Getöne einer Mundtrommel verglichen werden mag. Die einzelnen Laute klingen wie „farr“ und „torr“, werden aber in ſo ſonderbarer Weiſe verſhmolzen und, wenn ihrer viele ſind, zu einem ſo eigentümlihen Zuſammenklingen verbunden, daß man immer und immer wieder an jenes einfahe Werkzeug erinnert wird.

Über die höheren Fähigkeiten des Gänſeſägers bleibt man niht lange im Zweifel. Der Jäger überzeugt ſih ſehr bald von ſeiner außerordentlichen Sinnes\chärfe, die ihn alles, was vorgeht, bemerken läßt, und der Beobachter lernt ſeinen Verſtand, ſeine Vorſicht und Scheu, ſeine Liſt und Verſchlagenheit, oder der Pfleger das ſeinen Verſtand ehrende Sichfügen in die Verhältniſſe bald genug kennen. Abweichend von ſeinen Familienverwandten pflegt er nur mit anderen ſeiner Art der Geſelligkeit; ſtreng genommen, bekümmert er ſich niht einmal um den in Geiſt und Weſen ihm höchſt ähnlichen Schopfſäger. Auf dem Zuge oder in den Tiergärten ſieht man die Gänſeſäger ſtets zuſammen, erfährt aber bald, daß an ein wirkliches freundſchaftlihes Verhältnis unter ihnen niht geda<ht werden darf, daß namentli<h ihr neidiſhes Weſen bei jeder Veranlaſſung ſi<h bekundet. Damit ſteht niht im Widerſpruche, daß auch ſie beim Fiſchen ſi< in gewiſſer Weiſe unterſtüßen, gleichzeitig eintauchen und in der That die Fiſche gewiſſermaßen einander zutreiben; aber jeder arbeitet nux für ſih und iſt weit entfernt, dem anderen Vorteile zuwenden zu wollen.

Der Gänſeſäger frißt, ſolange er niht zu anderer Nahrung genötigt wird, nur Fiſche, und zwar am liebſten kleine von 10—15 cm Länge, iſt aber auch im ſtande, größere zu bewältigen. Ausnahmsweiſe nimmt er nebenbei Kerfe oder Gewürm auf.

Jn Deutſchland niſtet hier und da ein Pärchen unſeres Vogels, am häufigſten wohl in den Seen der nördlichſten Teile unſeres Vaterlandes, beiſpiel8weiſe in Pommern, Me>lenburg und Holſtein. Auf den däniſchen Fnſeln brütet er ſhon regelmäßig und von hier aus nah Norden hin auf allen ihm zuſagenden Gewäſſern. Die Paare finden ſi< bereits in der Winterherberge zuſammen und erſcheinen gemeinſchaftlih auf dem Brutplate, ſchreiten im Norden aber erſt Anfang Funi zur Fortpflanzung. Das Neſt wird oft in einer Vertiefung des Bodens zwiſchen Geſtein oder unter Geſträuh, zuweilen auf den Köpfen der Weiden, auf alten Raubvögel- oder Krähenhorſten und gar niht ſelten au<h in Baumhöhlungen angelegt. Am Tana-Elf ſah ih an allen hervorragenden Bäumen große Brutfaſten mit dreie>igem S<hlupfloche aufgehängt und erfuhr auf Befragen, daß man dieſe Wohnſtätten für unſeren und den Mittelfäger herrihte, um deſſen Eier zu erbeuten. Das Neſt iſt ein mehr oder weniger kunſtloſer Bau aus Reiſig, Geſtängel, Halmen, Blättern, Flechten 2c., wird aber immer warm und weih mit Daunen ausgefüttert. Das Gelege beſteht aus 8—14 Eiern; das Weibchen kann jedo< dur< planmäßiges Wegnehmen der Eier gezwungen werden, deren noh einmal ſo viele zu legen. Sie ſind etwa 68 mm lang, 47 mm