Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

496 Zweite Ordnung: Panzerechſen; einzige Familie: Krokodile.

Panzerkrokodil“/ ſo ſchreibt mir der Forſcher, „iſt in Weſtafrika eine häufige Erſcheinung, in Oberguinea wenigſtens ungleich zahlreicher vertreten als ſein ſtumpfſ{hnauziger Genoſſe (Osteolaemus tetraspis). J< fand jenes ſowohl in Lagunen nahe der Meeresküſte an den Mündungen, insbeſondere in den weiten Mündungsländern der großen Ströme, als in den oberen Flußläufen im ſüßen Waſſer. Jm Delta des Kamerunfluſſes, in den \{<malen Kanälen, die das ſumpfige, mit Mangroven und Pandanen beſtandene Shwemmland durhziehen, ſah ih die Tiere nur vereinzelt hin und wieder auf einer Sanddank ſi< ſonnend, von welcher ſie ſih bei der Annäherung eines Bootes mit großer Schnelligkeit ins Waſſer ſtürzen. Jn geradezu erſtaunlicher Menge dagegen treten ſie in dem Zufluſſe des Kamerun, im Wuri, auf. Vielfach erhielt ih Beweiſe dafür, daß die Panzerkrokodile im ſüßen Waſſer niht oder do< nur im ſeltenſten Falle eine ſtärkere Beute, den Menſchen oder ein größeres Tier angreifen, weil dieſes wie jener Widerſtand zu leiſten vermag. Fn einer Lagune an dex Goldküſte wurde eine Furt von den Negern benugt, und niemals hörte ih von einem Unglü>sfalle, obwohl die Krokodile zeitweiſe ret zahlreih waren. Jh ſelbſt watete oft in dieſer Lagune, bevor ih von der Anweſenheit der Krokodile eine Ahnung hatte, um Reiher und andere Sumpfvögel zu ſchießen, bis an die Bruſt im Waſſer. Da war es mir öfter geſchehen, daß ein in der Tiefe verſte>tes Tier plößlih, geſtört dur<h mich, das Waſſer emporſchlug. J< war der Anſicht, daß es größere Fiſche ſeien, bis ih eines Tages, wieder ahnungslos umherwatend, kaum 8 Schritt vor mir ein rieſiges Krokodil ſeinen ungeſhlahten Kopf aus dem Waſſer - erheben ſah. Jm erſten Augenbli>e waren wir wohl beide gleich erſtaunt über die Begegnung, im nächſten aber legte ih meine kleine Vogelflinte an und brannte dem Ungetüme den feinen Dunſt (ſtärkere Ladung hatte ih nicht) auf den Schädel, worauf es mit dem Schwanze ho< aufſ<lug und im Waſſer verſchwand. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß ih dana nicht wieder in die Lagune ging, da ih doh niht auf die obige Beobachtung mit ſolcher Sicherheit baute, um mein eignes Jh preiszugeben. Jndeſſen badeten au< im Wuri die Neger beſtändig an ſeichten Stellen, unbekümmert um die zahlreichen Krokodile. War dagegen zur Regenzeit der Fluß angeſ<wollen und tief, ſo kam es häufig vor, daß Leute aus den flahgehenden Kanoes von den Krok9dilen weggeſchnappt wurden. Jn dieſem Falle konnten ſie die Beute ſofort ins tiefe Waſſer ziehen und ertränken, ohne daß ein weſentliher Widerſtand geleiſtet wurde.

„Die Widerſtandsfähigkeit auch dieſes Krokodilpanzers iſt niht ſo groß, wie oft angenommen wird. Jh habe armlange Junge auf 20 —30 Schritt Entfernung mit Hühnerſhrot erlegt. An größeren habe ih meine Flinte oder Büchſe nicht erprobt, da ih mir bei dem nochmaligen Beſuche des Wuris nicht dur<h Schießen auf Krokodile die Nilpferdjagd verderben mochte. Übrigens ſeinen auch dieſe Krokodile zur Trockenzeit Wanderungen zu unternehmen; wenigſtens fand ich ſie mit Beginn der Dürre in der erwähnten Lagune bei Aura viel häufiger als vordem und mußte annehmen, daß ſie von kleineren, troden gelegten Gewäſſern hierher gewandert ſeien. Das Fleiſch dieſer Art iſt weiß und zart und ſehr wohlſhme>end, wird demgemäß auch von den Negern ſehr bevorzugt.“

Dex bekannteſte amerikaniſche Vertreter der Gattung iſt das Spißkrokodil (Croc0dilus americannus. acutus, pacificus, lewyanus, mexicanus und biscutatus, Molinia americana), fo genannt wegen ſeiner ebenfalls noc ſehr verlängerten, ſchmalen und ſpißigen, doppelt ſo langen wie am Grunde breiten, oben mehr oder weniger gewölbten, leiht gerunzelten Schnauze. Anderweitige Kennzeichen liegen in der gewölbten, gleichſam eine geſhwollene Längskante tragenden Schnauze, den 4 in einer Reihe befindlihen vorderen Na>en-, den 6 in zwei Reihen aufgelagerten, übrigens vielfach abändernden großen hinteren Na>enſcilden und den in 4—6 Längsreihen ſtehenden RNü>kenſchilden, die von den Na>enſchilden