Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

568 Dritte Ordnung: Schildkröten; ſünfte Familie: Landſchildkröten.

Fiſh ſodann unter Waſſer bis auf die Gräten auffraßen. Bei dieſer Zerlegung der Beute wird oft deren Shwimmblaſe abgebiſſen und kommt zur Oberfläche des Waſſers empor: findet man alſo auf einem Gewäſſer die Shwimmblaſen von Fiſchen umhertreiben, ſo darf man mit aller Sicherheit annehmen, daß Teichſchildkröten vorhanden ſind. Fn der Gefangenſchaft erhält man ſie viele Jahre lang bei gutem Wohlſein, wenn man ſie mit Fiſchen, Regenwürmern oder rohem Fleiſche füttert; ſie werden auch bald ſo zahm, daß ſie aus der Hand reſſen, gewöhnen ſi<h an beſtimmte Lagerpläße und fallen im erwärmten Raume nicht in Winterſchlaf, während ſie ſi<, wenn man ihnen einen kleinen Teich in einem umſchloſſenen Garten anweiſt, mit Beginn der kühlen Fahreszeit vergraben.

Nach Rathke erfolgte die Paarung in der Weiſe, daß an einem warmen Abend im Mai das Männchen auf den Rücken des Weibchens ſtieg und die Tiere nun paarweiſe, das Männchen völlig vom Weibchen getragen und es mit den Beinen umklammernd, aus einem Teiche auf das flache Ufer kamen und hier geraume Zeit beiſammen blieben, bis ſie geſtört wurden. Die Anzahl der Eier gibt H. Danneel auf 13, Br. Dürigen auf 15 an.

Über die Fortpflanzung der Teichſchildkröten, zumal über das Eierlegen, hat Miram in ſehr eingehender Weiſe berichtet. Zwar ſind die Ergebniſſe ſeiner Beobachtungen im weſentlichen dieſelben, die auh bei anderen Schildkröten gewonnen wurden; Miram ſchildert jedo< ſo ausführlih, wie keiner vor ihm, und verdient, daß ſeine Mitteilungen vollſtändig wiedergegeben werden. Behufs wiſſenſchaftlicher Unterſuchungen hielt gedachter Forſcher geraume Zeit viele lebende Schildkröten in ſeinem dur eine Mauer abgeſchloſſenen Garten, der in Ermangelung eines Teiches mit einer in die Erde eingegrabenen, als Waſſerbe>en dienenden Mulde verſehen war. Bauern der Umgegend von Kiew brachten ihm aus nahen Seen und Teichen ſo viele Teichſchildkröten, wie er wünſchte, jedoh faſt nux erwachſene, höchſt ſelten junge, die meiſten immer im April und Mai. Häufig kam es vor, daß die eingelieferten Tiere im Garten Eier fallen ließen; Miram gewährte ihnen deshalb Freiheit und konnte bald beobachten, daß die trächtigen Weibchen die höchſte Stelle des Gartens, deſſen Boden mit Sand gemiſchter Lehm war, aufſuhten, um hier ihre Neſter zu graben.

Das Eierlegen findet immer abends vor Sonnenuntergang, gegen 7 oder 8 Uhr ſtatt; da aber gleichzeitig das Graben und Zude>en des Neſtes vor ſih geht, ſo dauert es faſt die ganze Nacht hindur<h. Am 28. Mai 1849, einem ſehr warmen, ſchönen Sommertage, nah anhaltender Dürre legten zu gleicher Zeit fünf Schildkröten ihre Eier und fanden ſi< an beſagter Stelle hon um 7 Uhr abends ein. Sie verſammelten ſih nicht innerhalb eines engen Raumes, ſondern hielten ſih in ſehr bedeutender Entfernung voneinander. Nachdem ſie ſich einen bequemen, von allen Pflanzen freien Plaß erwählt hatten, entleerten ſie eine ziemlih beträhtli<he Menge Harn, wodur< der Erdboden, wenn auh oberflächlich, do< einigermaßen erweiht wurde, und fingen nun an, mit dem Shwanze, deſſen Muskeln ſtraff angezogen waren, eine Öffnung in die Erde zu bohren, und zwar ſo, daß die Spie des Schwanzes feſt gegen den Boden gedrü>t wurde, während deſſen oberer Teil kreisförmige Bewegungen ausführte. Durch dieſes Bohren entſtand eine kegelförmige, oben weitere, unten engere Öffnung, in welche die Schildkröten, um den Boden zu erweichen, noh mehrmals kleine Mengen von Harn fließen ließen. Nachdem dieſe Öffnung ausgebohrt war und eine Tiefe erlangt hatte, die faſt den ganzen Shwanz auf: nahm, begannen ſie mit den Hinterfüßen das Loch weiter zu graben. Zu dieſem Zwe>e ſchaufelten ſie abwe<ſelnd bald mit dem reten, bald mit dem linken Hinterfuße die Erde heraus, ſie dabei jedesmal an dem Rande der Grube nah Art eines Walles auf: häufend. Bei dieſem Vorgange wirkten die Füße ganz wie Menſchenhände; die Schildkröten