Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Teichſchildkröte: Fortpflanzung. Gebaren beim Eierlegen. 569

traßten mit dem re<ten Fuße von re<ts na links und mit dem linken Fuße von links nach re<ts abwe<ſelnd ſozuſagen jedesmal eine Handvoll Erde heraus, legten ſie ſorgfältig in einiger Entfernung vom Rande der Grube im Kreiſe nieder und arbeiteten ſo lange fort, wie die Füße no< Erde erreichen konnten. Der Körper war während dieſer ganzen Zeit faſt unbewegli<h, der Kopf nur zum kleineren Teile aus dem Bruſt- und Rüenſchilde herausgetreten. Auf dieſe Weiſe brachte jede Schildkröte ein Loch zu ſtande, das etwa 12 cm Durchmeſſer hatte, im Fnneren aber bedeutend weiter wurde und daher beinahe eiförmig geſtaltet war. Nach einigen vergeblichen Verſuchen, no< mehr Erde aus der Grube herauszuholen, ſchien das Tier ſih überzeugt zu haben, daß das Neſt fertig ſei. Der ganze Vorgang hatte bis dahin wohl eine Stunde und darüber gedauert.

Ohne ihre Stellung zu verändern, begann die Schildkröte unmittelbar darauf mit dem Eierlegen, das ebenſo merkwürdig war wie der vorhergehende Akt. Es trat nämlih aus der Afteröffnung ein Ei hervor, das von der, man möchte ſagen, Handfläche des Hinterfußes vorſichtig aufgefangen wurde, die es, indem der FUß in das Loch hinablangte, auf deſſen Boden hinabgleiten ließ. Hierauf zog ſi der eben in Thätigkeit geweſene Fuß zurü>, und der andere fing auf dieſelbe Art ein zweites aus dem After heraustretendes Ei auf, es ebenſo wie das vorhergehende in dem Loche bergend; ſo abwechſelnd nahm bald der eine, bald der andere Hinterfuß ein Ei ab um es in das Neſt hinabzuführen. Die Scale der Eier war beim Hervortreten zum Teil noch weih, erhärtete aber raſh an der Luft. Fhre gewöhnliche Anzahl war 9, ſehr ſelten weniger; einmal nur hat Miram ihrer 11 von einer Schildkröte legen ſchen. Da die Eier ſehr ſchnell aufeinander folgten, oft ſhon nah einer Minute, ſeltener nah einer Pauſe von 2—3 Minuten, ſo dauerte das Eierlegen ungefähr eine Viertel: ſelten eine halbe Stunde.

Nach dem Eierlegen ſchien das Tier ſi etwas zu erholen; ohne irgend eine Bewegung auszuführen, lag es da. Oft blieb der zulegt in Thätigkeit geweſene Fuß erſchlafft in dem Loche hängen; der Shwanz, der während des Ausſcharrens der Grube und des Eierlegens ſeitwärts lag, hing zuleßt ebenſo ermattet herab. So mochte wohl eine halbe Stunde vergangen ſein, bis die Schildkröte ihre lebte, aber wie es ſchien auh anſtrengendſte Thätigkeit begann, die darin beſtand, die Grube zu verſchütten und dem Erdboden gleich zu machen.

ZU dieſem Ende zog ſie den Shwanz wieder an die Seite des Leibes, auh den Fuß wieder zurü> und an ſih; der andere faßte eine Handvoll Erde, brachte ſie vorſichtig in das Loch hinab und ſtreute ſie ebenſo ſorgſam über die Eier aus. Hierauf wurde dasſelbe mit jenem Fuße ausgeführt und ſo abwechſelnd bald mit dem einen, bald mit dem anderen, ſolange die Erde des aufgeworfenen Walles ausreihte. Die leßten Hände voll Erde wurden jedoch niht mit derſelben Vorſicht in die Grube gebracht wie die früheren: das Tier bemühte ſi< im Gegenteile die Erde mit dem äußeren Nande des Fußes feſter anzudrücen. War in ungefähr einer halben Stunde die von dem Walle genommene Erde verbraucht, ſo trat abermals eine Nuhepauſe von demſelben Zeitraume ein. Hierauf erhob ſi< die Schildkröte, {hob den Kopf zwiſchen den Schilden hervor und umkreiſte das Neſt, gleichſam um ſih zu überzeugen, wie ihr Werk gelungen ſei. Und nunmehr begann ſie, mit dem Hinterteile des Vruſtpanzers auf den durch die aufgeworfene Erde entſtandenen Hügel zu ſtampfen. Dabei hob ſie den hinteren Teil des Körpers in die Höhe und ließ ihn wieder mit einer gewiſſen Wucht niederfallen. Dieſes Stampfen wurde in einem Kreiſe ausgeführt und war eine ſehr anſtrengende Arbeit; denn das Tier führte alle Bewegungen mit erſtaunlicher, von einer Schildkröte kaum zu erwartender Schnelligkeit aus und beobachtete dabei eine außerordentliche Sorgfalt, wodur<h es ihm denn auh möglich wurde, alle Spuren zu verwiſchen, die auf das an dieſer Stelle errichtete Neſt hindeuten