Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

570 Dritte Ordnung: Schildkröten; fünfte Familie: Landſ<hildkröten.

fonnten. Dies gelang ſo vollſtändig, daß Miram am Morgen, wenn er ſi<h niht dur< ein Zeichen die Stelle gemerkt hätte, vergebens nah den Eiern geſucht haben würde.

Die ſolcherart in eine Tiefe von ungefähr $ em unter der Oberfläche der Erde gelegten Eier bleiben daſelbſt bis zum Auguſt oder September liegen; dann erſt [<lüpfen die Jungen aus. Dieſe haben eine Länge von 15—20 mm. Wenn ſie niht mit dem no< anhängenden Dotterſa>e erſcheinen, bemerkt man wenigſtens meiſt in der Mitte des Bauhpanzers, zwiſchen den Bruſtplatten, die Spuren des Dotterſhlauches.

Sie großzuziehen, gab ſi<h Miram viel Mühe; doch erreichte er es nie, eine länger als 3 Monate am Leben zu erhalten. Marcgrave wax glülicher: ihm gelang es, mehrere neugeborene Teichſchildkröten aufzuziehen. Während des Winters fraß ein ſolches junges Tier wenig und blieb meiſtens auf dem Boden des Waſſerkübels mit eingezogenem Halſe unbeweglich ſigen; an heiteren Tagen ging es ein wenig umher. Bei Eintritt DeS Frühlings. bégann dieſe Schildkröte wieder zu freſſen, war auc im dritten Fahre ſchon im ſtande, ganze Regenwürmer zu verſchlingen und kleine Fiſche zu töten. Fm Funi fraß ſie am gierigſten, vom September an weniger und im November gar niht mehr. Sie erreihte ein Alter von 5 Jahren.

Von der Findigkeit der Teichſchildkröte erzählt H. Fiſcher- Sigwart ein hübſches Beiſpiel. Jn dem großen Behälter wurden die Schildkröten, um ſie vom Verzehren der Goldfiſche und ſeltenen Lurche abzuhalten, reihli<h mit rohem Kalbfleiſche, bald ihrer liebſten Nahrung, gefüttert. Sie ließen die Goldfiſche nun in Ruhe. Als aber zwei Olme und einige Axolotl in ein Been geſeßt wurden, in welchem jene ſonſt niht verkehrten, hatten ſie doc die für ſie zarten Biſſen bald ausfindig gemacht, und unſer Gewährsmann ſah eines Tages, wie die eine einen Olm verzehrte, während eine zweite auf die anderen Bewohner des Beens Jagd machte, ſih ſachte an ſie heranſhli< und dann plöglih den Kopf hervorſchnellte, um das verfolgte Tier zu verwunden. Den Räubern ſuchte man nun den Zugang zu dem Jagdgebiete dadurch zu verlegen, daß man ringsum in Abſtänden von etwa 2 em Weidenruten in die Erde ſte>te und dieſe oben no<h mittels dünnen Drahtes verband. Tags darauf ertappte der Beſißer die eine Schildkröte, als ſie ſih zwiſchen zwei Ruten hindurhzwängte, wobei ſie völlig auf eine Seitenkante ihres Panzers zu ſtehen fam. Die nun vorgenommene Umzäunung mit Draht half einige Zeit; aber die Näuber hatten doh keine Ruhe, bis ſie das Hindernis überwunden hatten, indem ſie es teils zerbrachen, teils überkletterten oder auch in langer, mühevoller Arbeit ſich zwiſchen den Drahtſtäben hindur<hwanden. Kurz, ſie verfuhren mit einer Umſicht und Ausdauer, die eines beſſeren Zwe>es würdig geweſen wäre.

Über ihre Zähmbarkeit teilt Ph. L. Martin folgende anmutige Geſchichte mit: „Schon von Anfang an zeigte das kleinſte von fünf kaum thalergroßen Stüen eine faſt doppelt fo große Lebhaftigkeit wie die anderen, denn während dieſe zunächſt ruhig dalagen, ſpazierte das kleine immer munter umher. Natürlih mußte mit dieſer leiblihen Thätigkeit auh die geiſtige Hand in Hand gehen, und ſo kam es denn, daß dieſer Gnom ſeine natürliche Scheu weit eher ablegte als die übrigen. Hierdur<h wurde er zum beſonderen Lieblinge meiner Frau, die ihn täglih einigemal in die Hand nahm, mit ihm ſprah und ihm ſ{hmeichelte, was er mit ſichtlichem Wohlgefallen entgegennahm. Gleich in den erſten Tagen dieſer Bekanntſchaft erhielt er den Namen „Auguſt“ und benahm ſih von dieſer Zeit an auch höchſt verſtändig, da er niht mehr wie ſeine dümmeren Geſchwiſter bei jeder Berührung Kopf und Füße einzog, ſondern ſih fortan als unerſhro>ener Menſchenfreund erwies, indem er das Köpfchen ret lug nach allen Seiten zu wenden wußte. Bevor einige Tage vergingen, war Auguſt ſih ſeines Namens ſ{<on bewußt, und wenn meine Frau an den Behälter tritt und alle fünf Schildkröten im Waſſer ſind, ſo braucht ſie