Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Doſenſchildkröte: Verbreitung. Leben8weiſe. Fortpflanzung. 5738

gelegentlich doh freiwillig ins Waſſer gehen, bemerkt übrigens neuerdings Shufeldt ganz ausdrüd>li<h. Oft ſind ſie, laut Müller, halb in der Erde oder im Mooſe vergraben und dann wahrſcheinlich beſchäftigt, Pilze, Würmer und Kerfe zu ſuchen. Müller fing einmal eine in einem hohlen Baumſtumpfe, die er ſhon von weitem hatte arbeiten hören und ganz von Kerbtierlarven umgeben fand unter welchen ſie ihr Frühſtü> hielt. Sie liebt überhaupt das Dunkel. Gefangene, die JF. von Fiſcher beobachtete, verkrochen \i<, wenn die Sonne ſchien, hinter den Ofen, unter Schränke und andere das Licht abhaltende Gegenſtände, wurden aber gegen Einbruch der Nacht regſamer und liefen dann, zumal wenn der Mond ſchien, im Zimmer umher. Ebenſo werden ſie zweifel8ohne auch in der Freiheit verfahren. Hier zeigt ſi<h die Doſenſchildkröte niht minder fur<htſam und ängſtlih als andere kleine Arten ihrer Verwandtſchaft. Wenn ihr ein größeres Geſchöpf naht, zieht ſie Kopf und Beine ein und ſ{<ließt die Klappen ſo feſt an, daß ſie vor gewöhnlichen Raubtieren völlig geſüßt iſt. Gereizt, wehrt aber auch ſie ſih ihrer Haut, beißt und läßt das, was ſie ergriffen hat, ſo leiht niht wieder los. Schiel hielt einer, die er in der Prairie gefunden hatte, ſpielend einen fingerdi>en Zweig vor, den ſie endlich pa>te. Um zu erfahren, ob und wann ſie den Zweig wieder freigeben würde, band er ihn an ſeinem Reiſewagen feſt, ſo daß ſie ſi< an jenem in der Schwebe halten mußte. Der Wagen ſeßte ſi<h in Bewegung, und die Schildkröte hing vom Morgen bis zum Abend baumelnd an ihrem Aſte, ohne loszulaſſen, alſo au ohne zu ermüden. |

Regelrechte Verfolgung erleidet die Doſenſchildkröte nicht. Jhr Fleiſch wird nicht benust, ſo wohlſ<me>end es auch iſt. Der Grund, weshalb man es verſ<hmäht, iſt derſelbe, der die Landleute abhält, Froſhſchenkel, Schnecken oder Pilze zu eſſen: Was der Bauer nicht kennt, ißt er niht. „Als ſih“, ſo erzählt Ord, „ein alter, ausgedienter Seemann in Pennjſylvanien niederließ und bei allen Knaben Doſenſchildkröten und Fröſche beſtellte, um ſie zu verſpeiſen, verfiel der Mann, der eine ſo wohlſ<me>ende und geſunde Nahrung zu ſhäßen wußte, dem allgemeinen Mißtrauen.“ Eher noch läßt man ſich ihre Eier gefallen.

Über die Fortpflanzung der Doſenſchildkröte berichtet Ord ſehr ausführlih. Er hielt einige Fahre nacheinander mehrere dieſer Tiere in ſeinem in jeder Beziehung geeigneten Garten und konnte hier eingehende Beobachtungen anſtellen. Ungeachtet des ihnen gewährten weiten Spielraumes und der wenig beſchränkten Freiheit ſchritten nur wenige zur Fortpflanzung, und. auh von ihren Eiern gingen viele zu Grunde: die meiſten dem Anſchein nach, durch kleine, biſſige Ameiſen, welche die Neſter zerſtörten. Das Austiefen der Neſtgrube und das Legen der Eier geſchieht im weſentlichen in der bereits (S. 568) beſchriebenen Weiſe; die Grube wird ſo tief ausgehöhlt, wie das Weibchen reichen kann, und die 5—6 Eier ſcheinen, obgleich ſie ſtets in Zwiſchenräumen von mindeſtens 5 Minuten zum Vorſchein kommen, Geburtswehen nicht zu verurſachen. Halb erwachſene Weibchen legen mitunter ſhon und verfahren dabei genau ebenſo wie die alten. Jedes einzelne Ei wird, ſoglei<h na<dem es gelegt iſ, mit Erde umgeben, die Grube zuleßt wieder gefüllt und die Stelle über ihr ſorgfältig geebnet. Während der Arbeit des Grabens und während des Legens ſelbſt verändert die Schildkröte ihre Stellung nicht, ſieht ſih niht einmal um. Beim Legen geſtörte Tiere beginnen erſt nah 14 Tagen wieder zu graben.

Ord entnahm am Tage nah dem Legen einer Neſtgrube die Eier und brachte ſie in eine mit Erde gefüllte Schachtel. Das erſte Junge ſ{<lüpfte 88, das lebte 109 Tage nah dem Legen aus. Die Jungen waren verſchieden groß und kräftig, dur<hſchnittlih aber wohl entwidelt, auh von Stunde an lebhaft und beweglich, ihre Schalen jedo<h noch ſehr weich oder ftnorpelig, die Neſte des Dotterſackes in der Mitte des Bruſtſchildes no erſichtlih. Doch geſchieht es ſehr häufig, daß die Durchſchnittswärme des pennſylvaniſchen Sommers nicht ausreiht, um ſie zu zeitigen, und der hereinbre<hende Winter ſie noh in