Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4
14 Ein Blick auf das Leben der Geſamtheit.
Norwegens, Großbritanniens, Deutſchlands, Hollands und Frankreihs gefangen werden, während wir jeßt mit aller Beſtimmtheit behaupten dürfen, daß niht Reiſen von Norden na< Süden, wohl aber Auſſteigen aus den tiefen Gründen des Meeres zu flacheren Stellen ſtattfinde. Viele Fiſche können an Bewegungsfähigkeit mit den Vögeln wetteifern; keiner von ihnen aber unternimmt regelmäßige Wanderungen, deren Ausdehnung verglichen werden darf mit den Stre>en, wie ſie Vögel durhmeſſen.
Der Aufenthaltsort der Fiſche ſteht möglicherweiſe zu deren Geſtalt in Beziehung. Die in den Meeren der Gleicherländer lebenden Fiſche ſind anders geſtaltet als die, deren Heimat in der Nähe der Pole liegt, die Meerfiſhe im allgemeinen verſchieden von denen, die in Süßgewäſſern wohnen. Allerdings gibt es viele von ihnen, bei welchen dieſe Beziehungen ſich weniger bemerkli< machen, viele, die ſi< ebenſowohl im Meere wie in Flüſſen oder in Landſeen aufhalten können, aber kaum einen einzigen von dieſen WeWhſelfiſchen, wie wir ſie nennen könnten, der ſein ganzes Leben entweder im Meere oder im Süßwaſſer verbrächte. Vom Meere aus ſteigen Fiſche in die Flüſſe empor, um zu laichen, von den Flüſſen aus andere, des gleihen Zwedes halber, zum Meere hinab. Werden fie verhindert an ſolcher Wanderung, ſo erfüllen ſie niht ihren Lebenslauf. Eine beſtimmte Heimat haben alſo auch ſie, möge man nun das Meer oder die ſüßen Gewäſſer als ſolche bezeihnen. Wie abhängig ein Fiſh von ſeinem Wohngewäſſer iſt, zeigen uns die Arten, die in unſeren Flüſſen und Landſeen hauſen, unſeren Beobachtungen alſo am meiſten zugänglich ſind. Als ſelbſtverſtändlih nehmen wir es an, daß die Forelle nur in reinen Gewäſſern, der Wels nur in ſ{hlammigen Teichen, die Groppe bloß auf ſteinigem Grunde gedeihe, der Sc{hlammbeißer niht umſonſt ſeinen Namen führe; und niht minder begreiflih wird es dem, der vergleicht, daß der eine Fiſh, wenn nicht aus\{hließlih, ſo doh vorzugsweiſe ſich auf dem Boden des Meeres tummelt, während der andere die höheren Waſſerſchichten vorzieht, daß die Scholle auh wirklih hängt an der Scholle des Meeres, der Flugfiſh hingegen die Tiefe meidet. Genauere Beobachtung, zumal an gefangenen Fiſchen, lehrt, daß jeder einzelne ſich na< und nah ſogar an beſtimmte Aufenthaltsorte gewöhnt und hier Ruhe- und Verſte>pläße wählt, wohin er ſtets wieder zurü>kehrt.
Was für ein enges Gebiet gilt, wird beſtätigt, wenn wir ein weiteres ins Auge faſſen. Auch die Fiſche können Charaktertiere einer gewiſſen Gegend, eines beſtimmten Meeres ſein, obgleih ſi< bei ihnen die Abhängigkeit vom Wohnorte minder deutlich zeigt als bei den übrigen Klaſſen der Wirbeltiere. Die Vielgeſtaltigkeit der Gleicherländer bekundet \ih jedoch bei ihnen ebenfalls in erſichtliher Weiſe. Aus den Meeren zwiſchen den Wendekreiſen ſtammen die Fiſche, die von der uns gewohnten, für uns urbildlichen Geſtalt am meiſten abweichen. Fndeſſen mangelt es auch den nordiſhen Meeren nicht an wunderbaren Fiſchgeſtalten, obwohl ſich die Vielgeſtaltigkeit der Klaſſe doh nur unter den niederen Breiten zeigt.
Will man die Verbreitung der Fiſche über die Länder und Meere der Erde genauer verfolgen, ſo muß man unterſcheiden zwiſchen denen des Süßwaſſers, denen des Brawaſſers und des Meeres.
Von den Süßwaſſerfiſhen muß man mit A. Günther zunächſt ſolhe Arten ausſcheiden, die aus dem Meere gelegentlih in die Flüſſe und Seen hinauſfſteigen, aber auch ſolche, welche zwar dauernd im ſüßen Waſſer anſäſſig geworden ſind, aber ihre nähſten Verwandten im Meere haben. Sie werden zwe>mäßigerweiſe zu den Bra>waſſerfiſchen gezählt, deren Verbreitung von anderen Bedingungen abhängt als die der e<hten Süßwaſſerfiſche. Dieſe leßteren gehören, nah Günther, etwa 30 verſchiedenen Gruppen des Syſtemes an und zerfallen in ungefähr 2270 Arten. Manche dieſer Arten zeigen eine ſehr weite Verbreitung. So bewohnen der Stör, der Hecht, der Lachs, die Quappe, der Zwergſtichling, der Barſch, etlihe Neunaugen und andere ſowohl Europa als die gemäßigten