Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4
Seefiſcherei. Beteiligung der Deutſchen. 27
thatkräftige Zug, der nach der politiſchen Einigung zunähſt Norddeutſchlands, im ewig denfwürdigen Jahre 1870 ganz Deutſchlands dur die Nation ging, führte zu einem regen Schaffen dur< Vereinigung: im Fahre 1870 begann unter dem Protektorate des Kronprinzen des Deutſchen Reiches der Deutſche Fiſchereiverein ſeine vielſeitig fruchtbringende Thätigkeit, die ſih zwiſchen der Pflege der Süßwaſſer- und Seefiſcherei teilte. Fm Frühjahre 1872 veranſtaltete der Verein in der neuen Markthalle am Schiſffbauerdamme in Berlin die erſte Ausſtellung von Gerätſchaften und Produkten der See- und Binnenfiſcherei. Jhr folgte im Jahre 1880 die großartige internationale Fiſcherei-Ausſtellung zu Berlin. Durch die Bildung der „Kommiſſion zur wiſſenſchaftlichen Unterſuchung der deutſchen Meere“ in Kiel im Jahre 1870 wurde unſerer Seefiſcherei ein wihtiges und, wie die reihe Wirk: ſamkeit der Kommiſſion beweiſt, fru<htbringendes Förderungsmittel geboten. Fn der Erfenntnis, daß für die Pflege unſerer Seefiſcherei eine eigne Zeitſchrift geſchaffen werden müſſe, wurde im März 1885 unter dem Vorſiße des damaligen Geheimen Regierungsrates, jeßigen Kloſterkammerpräſidenten Herwig, die Sektion für Küſten- und Hochſeefiſcherei gegründet. Jn der kurzen Zeit ihres Beſtehens hat dieſe, dank der Unterſtüßung der Reichsregierung, die unter Zuſtimmung des Reichstages die Summe von 100,000 Mark zur Förderung der Hochſeefiſcherei in den Reichsetat, zuerſt für 1886/87, aufnahm, nach den verſchiedenſten Seiten unſerer Seefiſcherei weſentlih gefördert, ſie iſt der Mittelpunkt für alle Beſtrebungen in dieſer Richtung geworden.
„Große, nur aus Staatsmitteln herzuſtellende Unternehmungen, wie die ſo dringende Anlage von Fiſcherhäfen an unſerer Nordſeeküſte, wurden von ihr angeregt oder gefördert. Die Bildung von Kaſſen zur Verſicherung von Fiſcherfahrzeugen und ferner zur Unterſtüßung der Hinterbliebenen von Fiſchern, die Verbeſſerung von Fahrzeugen und Geräten, das Studium der fremden Fiſchereien zur Förderung der eignen, die Errichtung einer Fiſcher: ſchule und manche andere nüßlihe Einrichtungen auf dem Felde der Praxis waren mittelbar oder unmittelbar das Werk der Sektion, während ſie ihrer Aufgabe nach der theoretiſchen Seite hin durch die Herausgabe ihrer „Mitteilungen“ und durch die Veranſtaltung wiſſenſchaftlicher Unterſuchungen zum Nuten unſerer Seefiſcherei gere<ht zu werden bemüht war. Im Jahre 1888 veröffentlichte die Sektion die von M. Lindeman verfaßten „Beiträge zur Statiſtik der deutſchen Seefiſcherei“. Die bereits von der Kieler Kommiſſion mit bedeutenden Ergebniſſen verfolgte Erforſchung größerer Meeresſtre>en hinſihtlih ihres Fiſhlebens nahm die Sektion ihrerſeits dur zwei unter Leitung von Fx. Hein >e im Sommer 1889 unternommene Unterſuchungsreiſen in die öſtliche Nordſee auf. Es galt, neue Fangund Laichpläße des zum Salzen verwendbaren Seeherings aufzufinden. Bekanntlich iſt das Übergewicht der ſchottiſhen Heringsfiſchereien weſentli<h dadur<h bedingt, daß die Heringszüge des Sommers in der Nähe der Küſten erſheinen. Die Auffindung ergiebiger Herings-Fangpläte in ähnlicher Nähe zu unſeren Küſten würde unſeren Fiſchern einen neuen Erwerb zuführen und der deutſchen Volkswirtſchaft den Vorteil ſichern, den einheimiſchen Bedarf an Salzheringen vorzugsweiſe aus den Erträgen des eignen Fanges zu de>en. Zur Zeit führt Deutſchland jährlich geſalzene Heringe ſremden Fanges im Werte von über 30 Millionen Mark ein, dem gegenüber die etwa 300,000 Mark betragende Wertſumme des eignen Fanges (der Emdener Heringsfiſcherei- Aktiengeſellſchaft) gar nicht in Betracht kommen kann. Der Beſchluß, ſol<he Unterſuchungsreiſen fortzuſeßen, bekundet, daß die bisherigen niht ohne Erfolg waren. Die vor 2 Fahren von der Sektion zuerſt in Digzum an der Ems, ſpäter in Karolinenſiel errichtete zoologiſche Station iſt der Beginn dauernder wiſſenſchaftlicher und zugleih die Praxis der Seefiſcherei unterſtüßender Arbeiten. Hervorzuheben iſt auh das von der Sektion veranſtaltete Studium der Verwertung des bisher als nuglos behandelten ſogenannten Nebenfanges unſerer Hochſee- und