Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

Flügelrohen: Allgemeines. Hornroche. 475

bei ihnen werden die ungemein verbreiterten Bruſtfloſſen unterbrochen und teilen ſih demgemäß in Bruſtfloſſen und Schädelfloſſen; dieſe aber ſtehen ſeitlih am Kopfe und bilden die Hörner der Meerteufel; der runde Schwanz trägt eine Rükenfloſſe und dahinter einen kräftigen Stachel; die Augen ſtehen ſehr ſeitlich; das Maul liegt vor den ſogenannten Hörnern und wird bewehrt dur< mehrere Reihen ſehr kleiner, \pißiger oder höckerartiger Zähne. Sie bringen nur ein Funges zur Welt. Ein dem Muttertiere entnommener Keimling, der im Muſeum zu London aufbewahrt wird, iſt, nah Günther, über 1,5 m breit und hat etwa 9 kg gewogen.

Wahrſcheinlih kannten ſchon die Alten die uns am nächſten angehende Art der Gattung, den Hornrochen (Dicerobatis giornae, Raja giorna und fabroniana, Cephaloptera giorna, massena und fabroniana); wir verdanfen aber erſt Riſſo eine genügende Beſchreibung dieſes Fiſches. Seine Länge beträgt 1—1,5 m, ausſcließlih des Schwanzes, der dreimal länger iſt als Leib und Kopf zuſammen; das Gewicht ſheint 25 ke ſelten zu überſteigen. Die Färbung iſt oben dunkelbraun, auf der Seite ölgrün, unten weiß; die Floſſenanhänge ſehen ſ{<hwärzli< aus.

Ein ähnlicher Flügelroche, der ebenfalls im Mittelländiſchen Meere gefunden wurde, war 2m lang, gegen 4 m breit und wog 600 kg. Seine Bruſtfloſſen waren mehr ausgeſhweift und der Shwanzſtachel pfeilförmig. Ein dritter von ebendaher war über 3 m lang und ebenfalls 600 kg ſ{<wer 2c.

Niſſo ſcheint den Hornrochen wiederholt beobachtet zu haben. Seiner Angabe nah nähert er ſi gegen den Sommer den Küſten, wird wenigſtens im Juli am häufigſten hier gefangen. Der Hörner halber nennen ihn die Ftaliener Kalbe oder, wenn er ſehr groß iſt, Kuh. Beide Geſchlechter ſcheinen zeitweilig gemeinſam zu leben und eine gewiſſe Anhänglichkeit zu einander zu zeigen. Als ein Weibchen in einer Tonnara gefangen worden war, hielt ſich das Männchen zwei Tage in der Nähe der betreffenden Kammer auf, näherte ſi von Zeit zu Zeit der Neßwand und verſuchte hier und da, ob es niht dur<kommen möge. Zwei Tage ſpäter fand man es in derſelben Abteilung des Netes, das die Gefährtin eingeſchloſſen hatte, verendet. Die Nahrung beſteht vorzugsweiſe in Kopffüßern, nebenbei au< in Fiſchen.

Im Gegenſaße zu anderen Flachfiſchen ſterben die Hornrochen faſt unmittelbar, na<hdem ſie aus dem Waſſer genommen wurden, oder ſelbſt wenn man ſie nah ihrem Fange no in der See hält, als ob ſie die Gefangenſchaft niht vertragen könnten. Jhr rotes Fleiſch iſt hart und zähe, ſ<hwer verdaulih und niht geachtet, wird jedo< hier und da gegeſſen. Aus der Leber gewinnt man ein thraniges Öl.

In den nordiſchen Meeren lebt ein ſonderbarer Fiſch, der in mehrfacher Hinſicht den Haien ähnelt, aber doh fo eigentümlihe Merkmale beſizt, daß man ihn nicht allein zum Vertreter einer beſonderen Gattung und Familie erhoben, ſondern eine eigne Unterordnung für ihn gegründet hat. Verwandte Fiſche bewohnen das ſüdliche Atlantiſche und das Stille Meer. Alle Arten der Seedrachen (Folocephala) fennzeihnen der geſtrete, walzige Leib, der dünne, lang ausgezogene Schwanz, der dicke, kegelförmige Kopf, die von einem fingerförmigen Dekelknorpel geſchüßte einzige Kiemenöffnung, dur welche die vier Kiemenſpalten münden, ungewöhnlih große Bruſtfloſſen, die beträhtlihe, vorn dur< ſäbelförmig gekrümmte Stacheln geſtüßte Rückenfloſſe, die ſehr lange, zweite Nückenfloſſe und die zu beiden Seiten des langen Schwanzes angeſeßte Schwanzfloſſe ſowie das kleine,