Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

Mol<fiſ<: Allgemeines. Verbreitung. Aufenthalt. 479

So weit können alle Merfmale für Fiſhnatur ſprechen; bei weiterer Unterſuchung aber finden ſih weſentliche Unterſcheidungspunkte. Die Naſenlöcher führen nämlich in eine weite Naſenkapſel, deren beide Gänge nah unten in die Mundhöhle kurz hinter der Schnauzenſpive geöffnet ſind. Hinter den Kiemenſpalten findet ſi<h in der vorderen Wand des Schlundes eine Stimmrige, die in eine weite, von Knorpeln geſtüßte Stunmlade und in zwei wohl ausgebildete, zellige Lungenſäke führt, die dur< rein venöſes Blut vom Herzen aus geſpeiſt werden und arterielles Blut in den Strom der Aorta abgeben. Bei geſchloſſenem Maule iſt demna< durch die Naſenlöcher ein vollkommener Luftweg hergeſtellt der bei feinem Fiſche ſonſt vorhanden iſt, ebenſowenig wie irgend ein anderer Fiſh eine an der vorderen Wand des Shlundes geöffnete Lunge, die venöſes Blut erhält, beſitzt. Die Bedingungen des Atmens und des Kreislaufes ſind vielmehr bei den Lurchfiſhen durchaus die nämlichen, wie wir ſie bei den Lurhlarven ſehen, die zugleih Lungen und Kiemen haben.

Die bekannteſte der vier Arten iſ der Molhfiſ<, wie ih ihn nennen will (Protopterus annectens, anguilliformis, aethiopicus und rhinocryptis, Lepidosiren annectens, Rhinocryptis amphibia), ein Fiſh von 1—2 m Länge. Seine Geſtalt iſt aalartig, aber gedrungener; an Stelle der Bruſt- und Bauchfloſſen ſtehen lange, etwas zuſammengedrü>te, fadenartige Floſſen von Spannenlänge mit ſtrahligem Nandſaume; die Rü>enfloſſe, die ungefähr auf der Mitte des Oberleibes beginnt, verſhmilzt am Shwanze mit der Bauchfloſſe. Fn dem eher kleinen als großen, quergeſtellten Maule, das die Naſe überragt, ſtehen vier ſtarke, kegelförmige etwas bewegliche E<zähne. Zwiſchen den ſe<s Kiemenbogen finden ſi< fünf Kiemenſpalten. Der Leib iſt mit kleinen Schuppen bekleidet und zeigt auf dunkelbraunem, nah unten lihter werdendem Grunde zahlreiche rundliche, verwaſchene Fle>en von grauer Färbung. Das Auge hat kaſtanienbraune Färbung.

Der Molchfiſh iſt heimiſh in allen wärmeren Gewäſſern Afrikas und findet ſi< in manchen Gegenden, ſo z. BV. auh in weſtafrikaniſhen, geradezu maſſenhaft. „Der Doko“/ ſo wird der Fiſh am oberen Nil genannt, ſchreibt von Heuglin, „lebt auh im Weißen Nil und ſeinen Zuflüſſen ſüdli<h vom 9. Grade nördlicher Breite und ſcheint hier überall häufig zu ſein. Man findet den ſonderbaren Fiſch im Schlamme, ſeltener im freien Waſſer; aber er nähert ſih des Nachts häufig den Barken, wohl um den Auswurf derſelben aufzufreſſen, Während der tro>enen Fahreszeit hält er ſich in wahrſcheinlich ſelbſtgegrabenen, mehr als metertiefen, wage- oder ſenkre<ten Löchern im hohen Geſtade der Regenbe>en, auh woÿl in feuhtem Laube auf und verläßt ſeine Behauſung nur zur Nachtzeit, um Fröſche, Weichtiere und Krabben zu fangen, die ſeine Hauptnahrung ausmachen. Während der Regenzeit bahnt er \ſi< förmliche Wege im Schlamme. Seine Bewegungen auf dem Boden ſind nicht ſehr behende, aber kräftig; doh ſieht man, daß er einige Mühe hat, ſich über größere Erhabenheiten wegzuſchieben, was durh Aufrihten des Vorderleibes und Nachſchieben mittels des aalartig nah re<ts und links ſich windenden Schwanzteiles geſchieht. Selten ſieht man mehrere beiſammen, weil ſie im höchſten Grade unverträglich ſind, fih, wenn ſie ſih zufällig begegnen, ſofort bekämpfen und auh regelmäßig ſo arg zurichten, daß man ſelten Stücke findet, die noch einen vollſtändigen Schwanz haben. Auch dem Menſchen gegenüber ſett ſi<h der Doko zur Wehre, beißt, wenn man zufällig auf ihn tritt, und ziſcht dabei wie eine Schlange, an die er auch in der Behendigkeit ſeines Fortgleitens erinnert. Die Neger fangen ihn mit dem Wurfſpeere, weil ſie ſein le>eres Fleiſch gern eſſen. Doch beißt er auch in die Angel.“