Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation, стр. 96
IH. Die Aktualisierung des Nichts zum Sein in der Schöpfung. 1. Die Schöpfung. a) Schöpfung als „logische“ Bestimmung.
Im Schöpfungsbegriff verknüpfen sich mit speziell tiheologischen eine Anzahl von rein spekulativen Problemen, die dem Umkreis der idealistischen „Logik“ angehören, die eigentlich „vor"theologischer Natur sind. Gleichwohl müssen alle Motive dieser Art herangezogen werden, um den ganzen Umkreis der neuen Problemstellung Meister Edkharts beleuchten zu können. Sodann ist es erst möglich, den speziell theologischen Gehalt zu isolieren und womöglich ihn selbst erst aufzuzeigen.
Der scholastische Schöpfungsbegriff erfährt eine der totalen Sinnumdeutung des Seinsbegriffs entsprechende Umdeutung. E&khart übernimmt zwar die traditionellen Grundsätze zur Charakterisierung der Schöpfung:
creatio est collatio esse ex nihilo
creatio est collatio esse post non esse
creatio est rerum ex nihilo productio, aber es ist nur eine Verbalrezeption. Die für die Schöpfung konstitutiven Begriffe des Seins und Nichts waren, wie wir sahen, in der Weise umgedeutet, daß das einzige Sein als das Sein der Vernünftigkeit die unendliche Sinnquelle wurde für das privative Nichts der Dinge. Der Begriff des „ex nihilo“, der in der scholastischen Spekulation im Sinn der absoluten Negation verstanden wurde, verliert damit seine monströse Bedeutung, denn aus Nichts kann nichts werden. Das private Nichts soll zum Sein bestimmt werden; darum ist es der terminus a quo, an dem die Bewegung zur Bestimmung anheben kann'®). In der Schöpfung soll das Sein der Dinge konstituiert werden. Ist nun der terminus a quo dieser Seinsgebung das Nichts der Dinge, so ist der terminus ad quem das Sein selbst: Gott. Die Dinge müssen zu Gott gebracht werden, damit sie sind. Das Werden und das Nichts muß auf das Sein bezogen werden, damit es Gestalt gewinne, gegenständlich werde. Mit aller Schärfe wendet sich Eckhart gegen die materialistische Schöpfungslehre, die da glaube, Gott produziere ein Sein außerhalb seiner selbst in die leere Unendlichkeit hinaus. Außer Gott ist nur das Nichts. Das Nichts kann aber nicht Ziel und Raum einer Handlung sein. Solche ins Nichts geworfenen Dinge werden selber zunichte. Das ) IV 280,6: ... de Deo, operante ... ex nihilo. Finis semper a quo est non ens, finis ad quem semper est ens, in Deo quidem et
eius operatione ens et non ens simpliciter.