Die Physiognomie des Menschen

14. Der Kleinmütige.

Der Kleinmütige leidet an Minderwertigkeitsgefühlen und hält sich selbst für unwürdiger als er in Wirklichkeit ist. Kleinmütigkeit ist der Großmut fremder als Aufgeblasenheit. Aristoteles schreibt: Kleinmut kann weder Ehre noch Schimpf noch Unglück und Widerwärtigkeiten ertragen, sondern wird schon bei kleinen Ehren stolz und frohlockt bei geringen Erfolgen; Schande kann sie am allerwenigsten ertragen. Folgende Zeichen schreibt Aristoteles den Kleinmütigen zu, während Polemon und Adamantius sie dem Gewinnsüchtigen zueignen. In Wahrheit kommen sie wohl beiden Gestalten zu.

Der Kleinmütige, den Katzen und Affen vergleichbar: Gesicht, Gliedmaßen, Gelenke und Augen klein. Körper mager. Abgezirkelte Stirn. Laute, heftige Sprache. Schmächtige, schwache Brust. Zarte Rippen. Hastiger Gang. Schreckhaftes Zu&ken und Zu-

sammenkriechen. Große Augen mit beweglichen

Lidern.

Der Klagsüchtige, den Vögeln vergleichbar:

Kleinmut ist oft begleitet von Klagesucht, Mißtrauen und Niedergescllagenheit. Klagsüchtige haben eine Stimme, die zu Beginn der Rede tief und schwer, am Ende derselben hoch und hell ist: ferner eine rauhe Kehle und vorstehende Wirbel-

knochen.

15. Der Großmütige.

Großmütig ist, wer sich selbst der Ehren für würdig erachtet, die er in Wahrheit verdient. Er lebt in Macht, Ehre und Reichtum, läßt sich weder von Freude noch Trauer beeinflussen und bleibt im Glück und Unglück gleich maßvoll. Anderen wohlzutun freut ihn, während er selbst Gutes nur errötend annimmt. Er verlangt von niemandem

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