Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

B. Napoleons Niederlage. 49

ni<h immer mehr in die Rolle eines Nachtwächters hinein, der in althergebrachter Weiſe für Ruhe und Ordnung ſorgte— ſolange der Tag nicht anbrach. Jn der äußern Politik ſprah man von der Er=haltung des europäiſchen Gleichgewichtes und von der Wahrung des Legitimitätsprinzips; in Deutſchland und Öſterreich behauptete man, den Staat vor dem böſen Radikalismus ſchüßen zu müſſen. Doch das war kein Konſervativismus, der weiſe und weitherzig Gutes erhalten wollte, ſondern ein Syſtem — Metternich redete von einem „Weltſyſtem“ — das die öſterreichiſche und deutſche Revolution mit Naturnotwendigkeit heraufbeſhwor. .

Wertvoller Provinzen beraubt, um ſeine a<htunggebietende Größe gebracht, mit dem Kummer einer herben Enttäuſchung beladen, in ſeiner wirtſchaftlichen Entwi>lung grauſam geſchädigt, in ſeinen finanziellen Kräften völlig erſchöpft, in Europa iſoliert, rings von Napoleons eigenen Provinzen oder Verbündeten umgeben : in dieſem troſtloſen Zuſtande fand Metternich das arme Öſterrei vor, als er nach der ſturmbewegten Zeit des Krieges ſeine Tätigkeit in dem edel geformten Palais auf dem Wiener Ballplagze aufnahm. Taſtend, vorſichtig zunächſt! Schon am Beginne der Laufbahn des Miniſters beſprach man das „Fineſſieren““, mit dem ſich der Staatsmann behalf"). Von dem Enthuſiasmus eines Grafen Stadion beſaß er nichts. Metternich wandte ſeine volle Aufmerkſamkeit vor allem der Notwendigkeit zu, den Staat von ſeiner Jſolierung zu erlöſen.

Die Vereinſamung Öſterreichs währte auch nur kurze Zeit. Napoleons erſte Ehe war kinderlos geblieben, und der Kaiſer der Franzoſen mußte ernſtlich daran denken, dem zum Weltreiche gewordenen Frankreich einen Thronerben zu bieten. Schon im Jahre 1807 hatte Metternich von Paris aus berichtet, daß der Korſe an die Auflöſung ſeiner Ehe ſchreiten wolle und die Vermählung mit einer ruſſiſchen Großfürſtin ins Auge faſſe. Die Gerüchte verſtummten nicht ganz; jezt wurden ſie jedoch zur Tatſache. Zuerſt wurde in St. Petersburg angeklopft und um die fünfzehnjährige Großfürſtin Anna geworben. Der Zar zögerte jedoch mit der Einwilligung und ſuchte die Angelegenheit auf die lange Bank zu ſchieben. Napoleon ſcheint ſchon während der Friedensverhandlungen mit Öſterreich den

1) Fedor von Demelitſh. Metternih und ſeine auswärtige Politik. Stuttgart 1898. 1. Band. (1809—1812.) ANUG 374: Charmaßtz, Öſterr. ausw. Politik. LT. 4