Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

68 II. Der Kampf gegen Napoleon.

tungen gab es überhaupt nicht; gearbeitet wurde nur in einem Aus\huſſe für die allgemeinen europäiſchen Angelegenheiten, in dem acht Staaten — Öſterreich, Preußen, Rußland, England, Frankreich, Spanien, Schweden und Portugal — vertreten waren und in einem zweiten Ausſchuſſe, der die deutſchen Angelegenheiten ordnen ſollte. Jn ihm hatten anfangs Öſterreich, Preußen, Bayern, Württemberg und Hannover Sig und Stimme. Außerdem gab es eine Reihe von Unterausſchüſſen, die ſich mit Spezialſragen beſafſen mußten. Groß war die Zahl der Probleme, mit denen man ſich beſchäftigen wollte, und vielgeſtaltig ſchienen die Themen der Erörterungen. Von der Negerfrage bis zum Schickſale der ehemaligen kleinen Republik Lucca, von der künftigen Einrichtung der Schweiz bis zur Wieder= herſtellung der deutſchen Einheit — welche Fülle von Stoff für angeſtrengte Tätigkeit. Und dennoch, wie leichten Mutes ging man ans Werk!

Am meiſten Sorge bereitete die Zukunft Sachſens und Polens. König Friedrich Wilhelm ITL. und Zar Alexander I. hatten ſchon in Kaliſch vereinbart, Sachſen mit dem Königreiche Preußen zu verſchmelzen und das Herzogtum Warſchau an Rußland anzugliedern. Dieſe begehrlichen Abmachungen waren in der Wiener Hofburg bekannt und ſtießen in gleichem Maße auf den feſten Widerſtand des Kaiſers Franz wie Metternichs. Der öſterreichiſche Herrſcher konnte ſeinen Unmut nicht verbergen. Jn einem Geſpräche mit dem Zaren lehnte er deſſen Anſpruch auf Polen ſo hizig ab, daß ihn ſein Miniſter zu der „Kraftäußerung““ beglücwünſchte. Der preußiſche Staatskanzler Hardenberg blies im Oktober verführeriſch die Flöte. Jn einem Schreiben legte er Metternich drei Fragen vor, die alle mit der Überlaſſung von ganz Sachſen an den Hohenzollernſtaat im Zuſammenhang ſtanden. Für den Fall, daß Öſterreich Preußens Vergrößerungsluſt befriedigen würde, kündigte er die Unterſtüßung des Wiener Hofes in der polniſchen Sache an. Aber Met=ternich und ſein Monarch blieben hart, denn das Jutereſſe des Staates gebot den Widerſpruch. Preußens Staatskanzler mahnte nun immer eindringlicher; im Dezember flocht er ſogar in einen franzöſiſchen Brief die holprigen deutſchen Verſe ein: „Fleuh, Zwietracht, fleuh von unſerem Gaue, weiche! Es horſte auf derſelben Rieſeneiche der Doppeladler und der ſhwarze Aar. Es ſei fortan im ganzen Deutſchen Reiche ein Wort, ein Sinn beſchirmt von jenem Paar, und wo der deutſchen Sprache Laute tönen, erblühe nur ein Reich des Kräft'gen und des Schönen.“ Doch was die Proſa