Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

TO IT. Dex Kampf gegen Napoleon.

9 Uhr morgens war Metternich ſchon wieder in der Staatskanzlei, iwo er mit dem Feldmarſchall Fürſten Schwarzenberg konferierte, und eine Stunde ſpäter zogen die Sendboten nach allen Richtungen aus, um die Truppen zu verſtändigen. Am 13. März wurde Napoleon von den Kongreßmächten in Acht und Bann getan; Talleyrand, der einſtige Miniſter des Korſen, verfaßte das Schriftſtück. Nicht länger als hundert Tage währte Napoleons neuerliche Herrſchaft. Bei Waterloo zerrann ſein Traum, denn Wellington und Blücher vernichteten ſeine Armee. Am 22. Juni dankte Napoleon zum zweiten Male ab, nicht freiwillig, nicht leicht, ſondern unter dem eiſernen Zwange der Verhältniſſe.

Der Kongreß in Wien war nicht unterbrochen worden, doh man hatte ſich mit der Arbeit beeilt. Die ſo belebte Tätigkeit kam der Erledigung der deutſchen Angelegenheit zugute. Jm Juli 1814 hatten bereits Freiherr vom Stein und Fürſt Hardenberg einen Plan für die künftige Geſtaltung des Deutſchen Reiches unterbreitet, der jedoch bei den öſterreichiſchen Staatsmänunern feine Zuſtimmung fand. Mitte Oktober wurde dem Fünferausſchuſſe des Kongreſſes ein Entwurf vorgelegt, deſſen 12 Artikel die Diplomaten in 13 Sißungen beſchäftigten, ohne daß auch nur in einem wichtigen Punkte des Verfaſſungsproblems eine Einigung erzielt worden wäre. Metternich und Hardenberg hatten dieſes Elaborat gemeinſam eingebracht. Am ungebärdigſten benahmen ſich die Wortführer von Bayern und Württemberg, die für die vorzeitige Auflöſung der erſten deutſchen Konferenz verantwortlich waren. Noch knapp vor Torſchluß verwahrte ſich auh Baden dagegen, daß dem Großherzoge die Souveränität irgendwie zugunſten des Geſamtverbandes geſchmälert werde. Der klägliche Mißerfolg der erſten Schritte ließ den Freiherrn vom Stein nicht verzagen, der in Wien als guter Genius für eine würdige Erledigung des Verfaſſungsproblemes, für die Rechte des deutſchen Volkes eintrat. Er verfaßte eine Note, die von den Vertretern von 29 deutſchen Staaten und freien Städten im November an Öſterreich und Preußen gerichtet wurde. Jn dieſem Schriftſtücke verlangte Stein, daß nicht nur die fünf bevorzugten, ſondern alle ſouveränen Staaten Deutſchlands gemeinſam über ihr Schickſal beraten mögen; doch betonte er, daß „zum Beſten des Ganzen diejenigen Einſchränkungen“ der Souveränität von den Unterzeichnern der Note gutgeheißen werden würden, die man als notwendig erachte. Erſt im Mai 1815 kam die deutſche Frage wieder auf die Tagesordnung: die zweite deutſche Konferenz nahm ihre Tätigkeit auf. Sie