Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

74 IIT. Metternich gegen Deutſchlands Freiheit.

der 13. Artikel, der kurz und leider vieldeutig verkündete: „Jn allen Bundesſtaaten wird eine landſtändiſche Verfaſſung ſtattfinden.“ Das klang faſt wie ein Verſprechen für die Zukunft, wie eine Anweiſung auf die nachträgliche Gewährung von Rechten, die bei der Beratung über die Grundlagen unberücfſichtigt geblieben waren. *

Vergebens ſuchte man im Deutſchen Bunde nach einer zwe>entſprehenden Bundesregierun g. Als einziges Geſamtorgan Deutſchſands wurde eine von den 39 ſouveränen Staaten beſchi>te Bundesverſammlung eingeſeßt. Jhre Aufgabe war nicht umgrenzt, ja nicht einmal annähernd fixiert. Es hieß bloß, daß die hohe Bundesverſammlung nach innen und außen für Sicherheit zu ſorgen habe. Die wichtigen Gegenſtände wie Verfaſſungsänderungen und bleibende Bundeseinrichtungen ſollten nur durch den einſtimmigen Beſchluß aller Staaten zuſtande kommen können. Es gab alſo wie im ehemaligen polniſchen Reichstage ein alleshemmendes Veto 1). Jn der Regel entſchieden in der Bundesverſammlung nur 17 Stimmen. Die 11 größeren Staaten hatten das Recht, je eine Stimme abzugeben, während die 28 fleineren Gebiete in 6 Kurien geſondert wurden, wobei jede Kurie eine Stimme erhielt. Bloß bei wenigen Gegenſtänden war eine andere Art der Willensäußerung vorgeſchen. Für ſie galt nicht der Ausſpruch des engeren Rates, wie die Vereinigung der 17 Stimmen amtlich hieß, ſondern eine Plenarverſammlung, die auf eine ſehr verwickelte Weiſe zuſtande kam und insgeſamt 70Stimmen aufwies. Der Geſchäftsgang war äußerſt ſchleppend. Jede Sache kam zur Vorberatung an einen Ausſchuß. Lag deſſen Bericht vor, dann hatten die Geſandten die Jnſtruktion ihrer ſaumſeligen Höfe einzuholen. Hierauf mußten ſich die Vertreter der Regierungen, die in einer Kurie zuſammengepfercht waren, verſtändigen, wobei oft Monate verſtrichen. Sollte man endlich zur Abſtimmung ſchreiten, dann waren bisweilen neue Jnſtruktionen erforderlich; manche8mal mußte die Angelegenheit ſogar wieder vor den Aus\{huß gebra<ht werden. Fm Zeitalter der Poſtkutſche hatte man es im allgemeinen nicht ſehr eilig, aber das Tempo der Bundesverſammlung erregte dennoch überall Spott. Den Schaden trug allerdings die Bevölkerung.

DieEröffnungderBundesverſammſlung war urſprünglich für den 1. September 1815 in Ausſficht genommen. Allein es mußte mehr als ein Jahr verfließen, ehe ſih die Bundestagsge-

1) Heinrih von Sybel. Die Begründung des Deutſchen Reiches durch Wilhelm T. 1. Band. '