Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

— 5

\{luß zu faſſen. Der einzige Ausweg, der ſi<h mix bot, war die Heirath mit meinem Vetter; ih ſ{<hwankte lange, aber der verzweifelten Stimmung des Prinzen gegenüber ſchien es mix endli<h meine gewieſene Pflicht, denſelben zu ergreifen. Soll ih verhehlen, daß i<h keine Neigung für meinen Vetter hatte? Mein einziges Gefühl für ihn wax das der Achtung; aber er wußte ja dies Alles und war damit zufrieden. Meine Mutter wünſchte, ih folle liebex zu ihr zurü>kehren; aber anſtatt an Hof nur in der Stadt zu leben, dies allein hätte in meiner Lage dem Prinzen gegenüber nichts geändert; nur indem ih mi verheirathete, machte ih für ihn jeder ferneren Hoffnung ein Ende. Dieſer Augenbli> meines Lebens war furchtbar; ih fämpfte einen harten Kampf mit mir ſelbſt. Der Gedanke, zuglêih den Hof und den Prinzen für immer zu verlaſſen, wax mix ein Kummer, als ob ih ſterben ſollte; abex was konnte i< thun? — i< hatte keine Wahl; ih durfte nicht vor dieſem Schmerz zurit>weichen, es mußte ſein.

Dex König ſelb bat meine Mutter, in meine Verheixathung zu willigen und wünſchte dieſelbe dringend, und ſo ward denn endli<h meine Verlobung den 17. Januar feiexlih an Hof vollzogen und ebenſo meine Vermählung an meinem unglü>lihen Gebuxtstage, den 11. März 1751. Dieſer Tag ward in jedex Beziehung einer dex entſeßlichſten die ih exlebt habe. Nicht ohne Wehmuth ſchied ih von dem Hof, an dem ich einſtmals fo glü>lih geweſen war und den tiefſten Gram im Herzen betrat ih einen neuen Lebensweg, an den ih ſelbſt mich für den ganzen Reſt meines Daſeins gefeſſelt hatte. Meine Hochzeit war genau wie alle, die an Hof gefeiert werden. Man hatte eine Unmaſſe Menſchen eingeladen und Alles ging äußerſt rauſchend und feſtlih vor ſich, ſo daß ih kaum recht zur Beſinnung kam. Die Königin