Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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„und die Welt mußte wenigſtens zugeſtehen, daß ſie es ganz „werth wax, der Gegenſtand einex ſo leidenſchaftlichen und fo „unitberwindlichen Liebe zu ſein. Groß und ſ{<lank ge„wachſen, mit der Geſtalt einer Diane chasseresse, und zu=„gleih ſ{hön und blond wie eine Venus, war ſie eben ſo „reizend, ſo unſchuldig und ſo liebenswürdig, als ſie ſchön „war. Dex Prinz wollte es mit Gewalt durchſehen, von „ſeiner Gemahlin geſchieden zu werden, um ihr ſeine Hand „anzubieten, und die höchſte Autorität ſelbſt ward gezwungen „in dieſex Sache einzuſchreiten. So gelang es denn zuleßt, „aber mit wel<her Mühe und nah welchen Kämpfen, dur „die geheimen Wege, welche nux die entſchloſſenſte Thätigkeit „und die rückſichtsloſeſte Politik ſie nicht ſcheut einzuſchlagen, „dem Unglüklichen ſeine Geliebte zu entreißen! — Fa, es „gelang Fräulein von Pannetwiß ſelbſt, dur< cinen Sturm „von Vorſtellungen und Ermahnungen ſo zu ängſtigen und „zu überwältigen, ihre hohherzige Natur ſo mitfortzureißen, „daß fie es war, die ſich freiwillig opferte, und dies mit einer „Tapferkeit und Selbſtvexleugnung, die edel empfindende „Seelen verſtehen und bewundern werden. Um dem Prinzen „jede fernere Hoffnung unmöglich zu machen, faßte ſie plöß= „lich und zur allgemeinen Ueberraſchung den Entſchluß, ih „zu vermählen... Von dem Tage ihrer Verheirathung an „lebte ſie ſo ſtill und von der Welt zurückgezogen als nux „möglich. Sanft und liebenswürdig wie immer ſchien ſie „einzig noh mit der Erziehung ihrer Kinder beſchäftigt. Ge„wiß war auch ſie von dem Verdienſt und der Herzensgüte „des Prinzen und von ſeiner jahrelangen treuen Liebe gerührt „worden, und denno< entſagte ſie ihm und machte dur „ihre Vermählung ſelbſt jede fernere Annäherung ſeinerſeits „Für immer unmöglih. Sie that dies mit einer ſolchen