Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel
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mehr, die jüngere Reinbre<ht war angekommen und hatte der Königin einen Brief des Königs gebracht, der ihr große Freude machte und in Folge deſſen ſie auh öfters nah mix verlangte und mix wieder die rührendſte Freundlichkeit und Gnade bewies. Ach, ih weiß es ja au< ohne daß ſie es mix ſo liebevoll ſagt, daß es niht ihre Schuld iſt!
Ein Feſt, das der Fürſt Schwarzenberg in Paris gegeben, hat ſhre>li< geendet; das Feuer iſt im Tanzſaal ausgebrochen und die unglü>liche Fürſtin iſ darin umgekommen, indem ſie ihre Tochter ſuchte.
16. Juli.
Die Königin hatte heute Gottlob eine viel ruhigere Nacht; als ih ſie zuerſt des Morgens ſah, fand ich ſie entſchieden beſſer, als geſtern, aber doh no< immer fehr furzathmig. Da fie ohnehin zu viel umgeben iſt, ſo bleibe ih aus Vorſicht und Sorge für ſie nux wenig im Krankenzimmex, ſo ſchwer es mir wird, ſie niht zu ſehen! — Um 12 Uhr rief mich Herr von Buch, als ih gerade in mein Zimmer gegangen war; die arme Königin hatte einen entſeßlichen Bruſtkrampf bekommen! — ih flog zu ihr, die ganze Familie war im Zimmer, auch der Arzt; die Königin ſah entſtellt aus und ſchien zu exſticfen, ih bebte vor Schrecken und begriff nicht, wie dies neue Unglück ſo plößlih hatte kommen fönnen! Der Anfall dauerte leider ziemlich lange; ih ſ{hid>te den Feldjäger Müllex an den König, dem ih Alles ſchrieb, auh der Arzt ſ{hrieb an Heim, ex möchte ſogleich kommen und no<h cinen Chirurgen mitbringen. Gott gebe, daß ſie Alle bald kommen — ih fürchte Alles für ſie! — Der übrige Tag verging ziemlich leidensfrei, der