Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

Alter der Hermetischen Literatur. 3

seit uralter Zeit der Lehrer aller geheimen Weisheit und Verfasser heiliger Schriften. Die Versuche, ägyptischen und griechischen Glauben einander zu nähern, beginnen unmittelbar mit der Zeit der Ptolemäerherrschaft. Wie man dabei frühzeitig dem Orpheus ägyptische Lehren, so hat man seit frühster Zeit den Propheten und Weisen Ägyptens griechische Lehren untergeschoben, oder sie doch in griechischer Sprache und nach griechischen Begriffen reden lassen.") Es wäre wunderbar, wenn der Spender aller Weisheit und Gotteserkenntnis dabei keine Rolle gespielt hätte. Die bildende Kunst belehrt uns überdies, daß der Grieche dieser Gegenden, selbst wenn er seinen Hermes, den Erfinder der Ringkunst, darstellen wollte, ihn durch die Feder auf dem Haupte als den iepoypauuareuc der Götter kennzeichnete, oder gar dem Griechengott wie den irdischen Verfassern literarischer Werke die Buchrolle in die Hand gab.?2) Eine lebende Hermes-Literatur wird hier vorausgesetzt. Wir haben ein Recht weiter zu suchen.

Älter als für die theologische sind die Zeugnisse für eine medizinisch-theologische Literatur. Schon in der Ptolemäerzeit benutzte sie der Grammatiker Pamphilos; er wurde von Vertretern der Naturwissenschaft deshalb getadelt, vgl. Galen TTepı ünAWwv papu. VI prooem. tom. IX p. 198 K: uera de taüra Boravnc ueuvntaı KoAouuevnc, Üc UÜTÖC Priv, deroD, Trepi fc ÖuoAoyei undeva TÜV 'EAANvwv eipnkevaı undev, GAA” Ev rıvı tWv eic ‘Epunv Töv Aiyuntıov dvapepouevwv BıßAiwv Errerpagpbaı mepıexovrı TÄc Ag’ TWv Wpockönwv iepäc Botävac. Eine griechische, mit der Theologie und Astrologie eng zusammenhängende Literatur wird hier bezeugt, die uns in jüngeren Überarbeitungen noch manchmal begegnen wird. Mit ihr berühren sich eng die Fragmente des Petosiris und Nechepso.°)

Entscheidende Bedeutung gewinnt die rein astrologische Literatur. Daß Petosiris und Nechepso noch in ptolemäische Zeit fallen

Beiname könnte sehr wohl schon Varro bekannt gewesen sein (vgl. Augustin De civ. dei XVII 39. 40). „Hermetische Schriften“ citiert auch Plutarch De 1s. et Os. 61.

1) Den besten Beweis bietet ein im IV. Kapitel näher zu besprechendes Ostrakon aus Oberägypten.

2) Vgl. Furtwängler, Bonner Jahrbücher 103 8. 1#f.; 107 8. 45 ff.; 108 8. 240 ff.; Löscheke ebenda 107 8. 48 ff.

3) Vgl. in der dankenswerten Fragmentsammlung von Rieß (Philologus Supplem. VI) Fr. 27. 28. 29.

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