Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

142 IV. Poimandres und die ägyptische Offenbarungsliteratur.

schwören, diese Geheimnisse nur ihrem Sohne zu verraten, mit dem er dadurch eins werden will: iva 7) autöc cl kai cl autöc, wie sie ihrem Sohne schreibt!) Wir sehen, daß das Judentum sich dieser Mythen bemächtigte®); aber wir erkennen auch leicht den ägyptischen Kern, in dem ursprünglich Osiris der Sohn des Chnum und der Isis und zugleich wieder der Nil ist. Für die Lehre der geheimen Weisheit hat Chnum die Liebe der Isis erkauft und sie zu seiner Gattin und zur Herrin des schwarzen Fruchtlandes, der Dodekaschoinos, bezw. Ägyptens, erhoben. Es sei gestattet noch auf einen Nebenzug einzugehen.

Ich werde im siebenten Abschnitt dieses Buches des näheren nachzuweisen haben, daß dieser Sage eine alte religiöse Anschauung von der geschlechtlichen Vereinigung des Gottes mit dem Menschen entspricht. In ihr, also in der höchsten Ekstase, empfängt der Mensch die oberste Weihe und das geheime Wissen, oder besser, die göttliche duvauıc; die Seele empfängt das cmepua 8eod. Nun liest der Vergleich der Zeugung mit der Tätigkeit des Landmannes ja allen Völkern nahe; in Ägypten hat er besondere Ausbildung erfahren.

Chnuphis ist ja auch der Nil. Daß ’Ayaböc daiuwy als ’AyadonA in den jüdischen Zauber übergegangen ist, sehen wir in der Betrachtung christlicher Amulette (S.18 A.8); kein Wunder, daß er dann weiter zu Amna@l wird (vgl. S. 126 A. 3). "

1) Ich lege den höchsten Wert darauf, daß die uns schon bekannte Gebetsformel cd yap &yW xai &yW cl in einer „Hermetischen‘“ Schrift und in einem Zusammenhang wiederkehrt, der sich ebensowohl in theologischen Texten finden konnte. Der Geist der Erfindung ist echt ägyptisch: die volle Gnosis bewirkt die volle Einheit des Menschen mit Gott (vgl. S. 17 und 21).

2) Ich erwähne beiläufig eine spätjüdische Nachbildung, um das wunderliche Getriebe dieses Synkretismus zu beleuchten. Der Midrasch Abchir (Grünbaum, Gesammelte Aufsätze zur Sprach- und Sagenkunde S. 59 ff. und 444ff.) berichtet die Sage: Zwei Engel, die zur Erde gesendet sind, bewerben sich um die Gunst einer Jungfrau; sie verspricht dem einen, ihn zu erhören, wenn er ihr den geheimnisvollen Namen Gottes mitteilen will, vermittels dessen er zum Himmel emporfliegen kann. Aber im Besitz dieses Geheimnisses versagt sie sich ihm, schwebt zum Himmel empor und wird von Gott unter die Sterne versetzt (Isis ist ja auch das Sternbild der Jungfrau). Die Einleitung der Erzählung erinnert merkwürdig an die Köpn köcuou. Daß in jüngeren jüdischen Fassungen die Jungfrau zur Göttin Istar wird, wie in anderen Versionen zur Eva, beweist für den Ursprung der Sage so wenig wie der Name des Amna@l in dem alchemistischen Text, wirft aber auf das Wesen und Wachsen dieses Austausches religiöser Sagen im Oriente weiteres Licht.

Ay - PET GRRSSE FEB EBEER.