Београдске новине
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Dienstag 11. Janner 1916.
Bei Konig Nikola. Jetzt, wo nach den Berichten der Kampf um die Hohen von Lovčen und Solari entbrannt ist, und nach deren Einnahme durch die osterreichisch-ungarisclien Truppen die Hauptstadt Cetinje unmittelbar bedroht wird, errinnere ich mich meiner R e i s e nach Montenegro und meiner Audienz bei dem damals noch Fiirsten Nikola Petrović-Njeguš. Es war zur Zeit der sogenannten Annexionskrise. Meine Absicht war dainals nur, iiber Sarajevo, Mostar bis Ragusa zu fahren und die Stiminung in den neuen Reichslanden nach der Proklamation der Annexion an Ort und Stelle kennen zu lernen. In Ragusa angekommen, durch die kriegerischen Absichten des Gospodars der Crna Gora gereizt, entschloss ich mich, iiber Cattaro einen kurzen Abstecher nach der Hauptstadt Montenegros zu machen und iiber Rijeka, Virpazar, Antivari wieder zuriickzukehren. Die Witterung war zu dieser Reise zwar wenig einladend; nachdem ich aber den Entschluss bereits gefasst hatte, liess ich mich durch nichts mehr abschrecken. Ohne einen Personendampfer abzuwarten, schiftte ich mich auf einem Ragusaner Handđsdampfer ein und kam spat abends in Cattaro an. Noch am selben Abend traf ich bekannte Land- und Seeoffiziere, auch einige Biirger und teilte diesen meine Absicht mit. Man riet mir ganz entschieden und ernstlich davon ab, die Reise nach Montenegro zu unternehmen — doch ich hielt an meinein Entschlusse fest. Ich fuhr am nachsten Morgen von Cattaro ab und traf nach einer recht unangenehmen Wagenfahrt gegen drei Uhr nachmittags in Cetinje ein.
Ich fuhr direkt vor das „Grand Hotel“ und miide wie ich war, Iegte ich mich bald nach dein Abendessen nieder. Am friihen Morgen verliess ich bereits das Hotel und unternahm einen Spaziergang durch die ungewohnlich belebten Strassen. „Cetinjski Vijesnik", das halbamtliche Organ der montenegrinischen Regierung, war gerade erschienen und brachte die sensationelle Nachricht von einem fiir die Montenegriner siegreichen Zusannnenstosse zwischen osterreich-ungarischen und montenegrinischen Truppen an der Landesgrenze gegcn Trebinje. Fiir mich als Osterreicher war diese Meldung recht peinlich und ich war eine Stunde spater froh, aber auch ziemlich iiberrascht, als ich vom damaligen Kriegsminister General M a r t i n o v i ć, erfuhr, dass an der Nachricht kein vvahres Wort sei. ,,Ja, warum erlaubt dann die Regierung die Verbreitnng solcher Meldungen?“, fragte ich ganz verwundert den- stattlichen General. ,,Es ist ja doch alleseins; friiher oder spater wird es ja doch so kominen«, lautete zuversichtlich die Antwort Martinović's. Ich verstand die eigentiimliche Logik des gewesenen Bersaglieri-Korporals, jetzigen Generals und Kriegsministers MartinovL tatsachlich nicht. Ich miisste mindestens Montcnegriner sein, um das zu verstehen. Eine Stunde spater erkletterte ich die Hiihnertreppe zum ersten Stock des Palais des Ministerium des Aussern und wurde durch ein leeres, staubiges Vorzimmer in den Empfangsalon Seiner Excellenz des Ministerprasidenten Dr. Tomanović gefiihrt, eines gebiirtigen Dalmatiners mit
dem Grazer Doktordiplom der gesamten Heilkunde. Mir war die Passion dieses alten Herrn ganz unbegreiflich, der als Arzt nach Cetinje karn, um fiir 200 Perper monatlich montenegrinische ExzeIIenz zu werden. Ja, ein Zahlkellner ist ja auch schlecht oder gar nicht bezahlt und lebt doch, im allgemeinen sogar recht gut — — warum sollte nicht auch ein montenegrinischer Ministerprasident und obendrein noch Minister des Aussern gut leben konnen .... Seine Exzellenz Dr. Tomanović schien jedoch in der Frage der Annexion Bosniens und der Herzegovina nicht ganz derselben Meinung mit seinem serbi;chen Kollegen Dr. Milovanović zu sein, denn er sprach niemals von serbischen, sondern betonte nur die montenegrinischen Wiinsche und zu meiner niclit kleinen Vervvunderung meinte er schliesslich: ,,Wir Osterreicher werden uns so etwas endlich doch nicht gefallen lassen“. Ich verzichtete, Seine Exzeilenz aufmerksam zu machen, dass zvvischen „w i r O s t e r r e i c h e r“ und s e i n e r heutigen S t e I 1 u n g momentan ein Unterschied bestehe und begniigte mich mit der ganz angehmen Konstatierung, dass Blut doch kein Wasser ist. Auf Zureden des Dr. Tomanović entschloss ich inich, beim Fiirslen N i k o I a in Audienz zu erscheinen, vvas mir anfangs recht peinlich vvar, nachdem ich mich was meine Toilette anbelangt — darauf gar nicht vorbereitet hatte. Dr. Tomanović beruhigte mich diesbeziiglich, ganz eigentiimlich lachelnd, und so erschien ich eine Stunde spater in gelben Gamaschen, schvvmrzen Reithosen, dunkelgrauem Rock und einer ebensolchen Sportmiitze, mit
FEUILLETON.
Der Generalstabschef der k. u. k. Armee. Conrad v. Hotzendorf bei der Arbeit. Hofrat Ludwig Pastor, der bekannte Geschichtsgelehrte und Direktor des osterreichischen Instituts in Rom, hat eine Biographie des Generaistabschefs der Osterreichisch-ungarischen Armee verfasst, die soebcn ini Herdcrschen Vcrlag in Wien erschienen ist. Es ist dies das erste biographische Werk iiber Conrad, diesen iiberaus bescheidenen Mann, der nie nach Tagesruhm gestrebt und sich immer vor der Offentlichkeit zuriickgelialten hat. OsterreichUngarn hat aber ein Recht darauf, das Leben und Wirken des Mannes zu kennen, der seine Heere in diesem Wcltkriege von Sieg zu Sieg fiihrt. Auch die Welt, die bis jetzt nur immer die Namen Hindenburg, Joffre, Kitchener gehort hat, soll endlich wissen, dass der Fiihrer der Ssterreichisch-ungarischen Armee das Recht hat, in der ersten Reihe der grossen Manner des Kriegs zu stehen. Er ist der Grossten Einer —- allerdings auch der Bescheidenste. Hofrat Pastor ist es nun gelungen, in kurzen Strichen ein wahrheitsgetreues Bild Conrads zu geben und wir greifen aus den Kapiteln dasjenige heraus, das jetzt am meisten interessiert: das Kapitel, in dern die Arbeit des Generalstabschcfs im Felde geschildert wird. Hofrat Pastor erzahlt: „Das Arbeitszimmer des Generalstabschefs ist gelb getiincht und hat Mittelgrosse. Zwei Fenster eroffnen die Aussicht auf einen freien Platz und die sich in der Ferne erhebenden bewaldeten Hohen. Am linken Fenster steht Conrads Schreibtisch, am rechten ein kleiner fiir seinen Fliigeladjutanten. Zwischen den beiden Fenstern bemerkt man noch ein Stehpult. In der Mitte des Zimmers sind auf zwei grossen Tischen riesige, mit Steinen beschwerte Karten ausgebreitet. Auf ihnen liegt eine Sammlung farbiger und schwarzer Stifte sowie Masstab und Zirkel. Grosse Karten sind auch an den Wanden und Schranken aufgehangt, hier Russland, dort Italien,
dazwischen eine Obersichtskarte von Europa. In einer Ecke steht ein Waschgefass, ausserdem einige Holzstuhle — das ist die ganze Einrichtung. Auf einem Schrank bemerkt man die noch von einer frtiheren Bestimmung des Zimmers zeugenden Nachbildungen der Kopfe verschiedener Menschenrassen. An den Wanden hangen Unterricbtsbilder und ein Stammbaum des Hauses Habsburg. C o n r a d s Schreibtisch zeigt stets die peiniichste Ordnung: ein Kalender mit dem Bild des Kaisers und des Sohnchens des ErzherzogThronfolgers Karl Franz Josef, zuweilen ein BlumenstrauB biiden den einzigen Schmuck. An der einen Seite seines Schreibtisches pflegte Conrad, den Kopf auf die linke Hand gestiitzt, zu sitzen, w 2 hrend er mir in seiner geistvollen Art aus Vergangenheit und Gegenwart erzahlte. E rm ti d u n g war an dem Generaistabschef n i e zu bemerken, obwohl er stets, ehe er mich empfangen konnte, angestrengt gearbeitet hatte, getreu seinem Grundsatz, sich iiber alle Angelegenheiten auf dem Laufenden zu halten und alle wesentlichen Anordnungen ftir die Armeeleitung »elbst zu treffen oder zu entwerfen. Die Arbeit, die Conrad taglich ieistet, wtirde nicht zu bewaltigen sein ohne strengste Einteilung seines Tagewerkes. Um 7 Uhr erhebt er sich, starkt seinen Korper durch kalte Abwaschungen und Turnen. Gleich nacli dem Frtihstiick, das aus Kaffee und trockenem Kriegsbrot besteht, findet sich sein getreuer Fltigeladjutant, Oberstleutnant K u n d m a n n, ein. Er tiberbringt die eingelaufenen Nachrichten und Meldungen, welche Conrad in dringenden Fallen auch wahrend der Nacht entgegenzunehmen pflegt. Die Meldungen werden sofort an der Hand der Karten studiert. Um V210 Uhr unternimmt er allein oder in Begleitung seines Fliigeiadjutanten einen einstundigen Spaziergang. Daran halt er streng fest. Nur in den Ietzten Wochen vor der Durchbruchsschlacht am Dunajec verzichtete er auf diese einzige, ihm fast unentbehrliche Erholung.
Punkt V2II Uhr erscheint Conrad in seinem Bureau. Hier orientiert er sich zunachst bei General Metzger tiber die seit der Frtihmeldung eingetroffenen Neuigkeiten, bespricbt und erlasst die sich daraus ergebenden notigen Anordnungen. Darauf empfangt er die Chefs der Abteilungen des Oberkommandos, die Generale Metzger, K a n i k und Kaltenborn, Feldmarschalleutnant v. H 6 f e r, die Obersten S t r a u b und H r a n i 1 0 v i c, Generalmajor Schamschula, Chef des Feldtelegraphenwesens und sonstige Besucher. Inzwischen liest er den Einlauf, erledigt Personalangelegenheiten, studiert an đer Karte die Situation, gibt der Operationsabteilung allgemeine Fingerzeige, welche dann ausgearbeitet werden. Um P2I Uhr begibt er sich regelmassig nochmals in die Operationsabteiiung zur Besprechung mit General Metzger und den dort arbeitenden Generalstabsobersten. Hier werden dann auch die zur Vorlage an den Armeeoberkommandanten Erzherzog Friedrich bestimmten Befehle fiir die Heereskorper fertiggestellt. In einzelnen Fallen entwirft C 0 n r a d diese Befehle personlich. Stets pruft er sie auf das Genaueste. Kein Stiick darf expediert werden, ohne dass er es durchgesehen hat. Telegraph und Teiephon geben ihm auch die Moglichkeit, sich mit den Truppenkommandanten unmittelbar in Verbindung zu setzen und auf diese Weise seine Befehle durch den Chef der Operationsabteiiung, General Metzger, miindlich erlautern sowie Informationen einholen zu lassen. Gegen 2 Uhr begibt sich Conrad zum Armeeoberkominandanten Erzherzog Friedrich und erst nach dem Vortrag bei Seiner kaiserlichen Hoheit zum Speisen. Bekanntlich waren bei den analogen Vortragen, die Moltke w 2 hrend des deutsch-franzosischen Krieges gleichfalls taglich vor Kaiser Wilhelm hielt, jedoch nur als Zuhorer der Chef des Militarkabinetts, der Kriegsminister und, solange das Hauptquartier der dritten Armee zu Versailles lag, auch der Kropprinz zugegen. Ab-