Albanien und die Albanesen : Landschafts- und Charakterbilder : mit vielen Abbildungen

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damit ſchließt, daß der Verleßzte, ſih gleihſam Gewalt. antuend, eine der Wiegen aufhebt, ſie dreimal von der Linken zur Rechten im Kreiſe herumträgt und ſie dann wieder niederſeßt, jedo<h ſo, daß nun die Füße des Kindes gegen Weſten gerichtet ſind, welches Beiſpiel von ſeinen nächſten Verwandten mit den übrigen. Wiegen wiederholt wird.

Hierauf fragt der Verleßzte die Ankömmkinge noch=mals na> ihrem Vegehren und es wiederholen ſich die Szenen des Flehens und Sträubens.* Sie dauern oft mehrere Stunden. Endlih erklärt ſi< der Verletzte zur Verzeihung bereit und begibt ſi{< mit ſeinen nächſten Angehörigen in das Haus, wo ſie den Mörder ſeiner Bande entledigen und ihn mit den Worten: „Es ſei dir verziehen“, der Reihe na< umarmen. Darauf ſagt. der Verletzte: „Die Rache (wörtli<h das Schwert) erlaſſe ich dir, aber die Buße (wörtli<h die Sache) will ih“, welche dur<h den Gebrau<h auf 1000 Piaſter feſtgeſeßzt iſt. Demzufolge übergeben ihm die Verwandten des Straf=fälligen eine Anzahl Waffen zum Pfande, deren Wert den Betrag dieſer Summe oft um das Drei-= und Vierfache überſteigi, und fahren ſo lange fort, neue Stücke zuzulegen, bis der Verletzte ſih für befriedigt erklärt und die Pfänder in das Haus tragen läßt.

Dann gehi es an die Bereitung des Caſimahles, zu welchem der Verzeihung Suchende älle nötigen Requiſiten mitgebraht hat und man verkürzt die Zeit dur< allerlei gleichgiltige Geſpräche. Bei Tiſh wird waer gegeſſen und getrunken, und gegen das Ende der Mahlzeit beginnt ein neuer Angriff auf die Großmut des Verletzten, damit er, nachdem er bereits ſo viel getan, dem Begnadigten etwas an dem feſtgeſezten Wergelde erlaſſe. Darauf läßt dieſer die gegebenen Pfänder bringen und ſtellt von den= ſelben wenigſtens diejenigen zurü>, welche der Ehre halber über die haftbare Summe gegeben wurden, indem er zu=