Albanien und die Albanesen : Landschafts- und Charakterbilder : mit vielen Abbildungen

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gewartet. Die Mutter bä>t dann zwei große und ſo viele kleine Weizenbrote, als die Familie des Gevatters (Kompars) Glieder zählt, und begibt ſi<h mit ihrem Kinde und in Begleitung einer anderen Frau, welche die Brote und das für den Kompar beſtimmte Geſchenk (ein Hemd, einen Gürtel oder ein Paar Strümpfe) trägt, nah deſſen Haus. Der Kompar geht ihr eine Stre>ke entgegen und ſührt ſie in ſein Haus. Dort wird gemeinſam zu Abend gegeſſen und am anderen Morgen \chneidei der Gevatter dem Kinde die Haare ab, welche verbrannt werden. Die Mutter erhält vom Kompar ein Geldgeſchenk.

Bei den Albaneſen wird das Haar vielerorts partiell raſiert, ſo daß nur eine Hinterhauptsloe, Pertſchen genannt, beſtehen bleibt. Jn der Gegend von Prisrend und in der Ljuma wird kein Pertſchen getragen, ſondern man raſiert ſi<h das Haar nur am Nacen und oberhalb der Schläfen. Zum Raſieren benützt man ſelten Seife; häufig wird ein Gemenge von Waſſer und Aſche verwendet. — Die erſte, im Jahre 1703 abgehaltene albaneſiſhe Provinzialſynode verbot der Geiſtlichkeit, ihr Haar lang wachſen zu laſſen und den Kopf zu raſieren; die Kleriker ſollten kurzes Haar und die corona cdlericalis tragen. Der Sinn dieſes Verbotes, das auh heute noh in Kraft iſt, iſt der, daß die Geiſtlichen das Haar niht nah der Landesſitte tragen ſollen. -— —

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Während der ſehr rege gepflogenen Unterhaltung über Blutrache, Blutsbruderſhaf, und Haarſchnitt der Kinder hatte unſer Hausherr Kol Nika uns in einer Art Gartenhaus ein opulentes Mahl ſervieren laſſen, dem wir wacker zuſprachen, an dem auh das ganze „Haus“ des Gaſtgebers — natürli<h nur die männlichen Mitglieder der Familie — teilnahm. Es war eine ganz anſehnlihe Verſammlung, die ſi<h dort zuſammengefunden